SCHLAFgegen düsseldorf

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  Antonia Frey
Schlaf gegen Düsseldorf - Mündliche Einlassung anläßlich des nächtlichen Gesprächsforums "Architektur des Schlafes" von Antonia Frey, Sachgebietsleitung Ambulante Wohnungslosenhilfe der Diakonie in Düsseldorf und Sozialpolitische Sprecherin der Ratsfraktion Bündnis 90/Die Grünen für Düsseldorf

Ich glaube, in dieser Stadt leben mindestens 2 Welten nebeneinander her.

- Die derer, die Häuser bauen, die in ihnen leben, Parks anlegen, Blumenkübel bepflanzen, für die alles seine Ordnung hat, die in diesen Parks spazieren gehen - in freien Minuten, die eine bestimmte Ästhetik im Kopf haben

- Und die, die aus welchen Gründen auch immer höchstens mal in Abluftschächten von Häusern übernachten, die feste, geschweige denn eigene Häuser meiden, die auf Parkbänken schlafen, die eine komplett andere Ordnung haben, die bei den anderen nicht anerkannt ist als Ordnung, die Unordnung.

Unter bestimmten Umständen wird die UnOrdnung von der Ordnung akzeptiert.

Aber die Grenzen kommen schnell und dann entsteht Vertreibung aus der Ordnung.

Menschen, die drogenabhängig sind z.B., benutzen z.B. öffentliche Toiletten, um sich Drogen zu spritzen. Weil sie damit nicht aufhören können, aber auch keinen Raum haben, wo sie dies geschützt tun können. Also dringen sie in den Raum der anderen ein. Dort trifft man aufeinander und
unächst vertreibt die eine Gruppe der Drogenabhängigen die der "Toilettengänger". Da diese das zwangsläufig nicht akzeptieren können, lassen diese jene vertreiben - durch Ordnungskräfte. Nicht sofort und direkt, aber letztlich passiert es zwangsläufig.

Menschen wollen auf Bänken sitzen. Stadtstreicher liegen auf Bänken. Mütter mit Kindern können dort nicht mehr sitzen und wollen das in einer solchen Umgebung auch nicht. Protest entsteht.

Man läßt die Stadtstreicher vertreiben. Manchmal tut man es auch direkt, mit Aushängen an Bäumen, so geschehen vor kurzem. Hilfskonzepte entstehen dem gegenüber. Sie sollen auf die Drogenabhängigen und Stadtstreicher zugehen. Allerdings, ohne ihnen eine "echte" Alternative anbieten zu können.

Drogenkonsumräume gibt es nicht. Nischen, wo man draußen kampieren kann, ohne Einengungen gibt es auch immer seltener. Siehe das Hafengebiet, wo die in Bauwagen wohnenden Obdachlosen jetzt auch "weg sollen", so meine Information. Da geht dann eine Information an Fachleute. Es entsteht eine Diskussion unter den Fachleuten. Sie sollen Alternativen suchen. Gibt es die? Die Fachleute, die nicht über alternative Grundstücke verfügen, wissen noch keine Alternative. Sie schlagen vor, dass eine Duldung fortgesetzt werden soll, weil sie aus ihrer Sicht nicht stören. Dieser Vorgang ist nicht der erste. Er wiederholt sich in den letzten Jahren.

Dann gibt es in Düsseldorf wie in anderen Städten Obdächer, immer wieder restaurierte, renovierte, oft auch verwahrlost wirkende Bauten in mittlerweile berüchtigten Straßen - letztlich ohne Betreuung, jedenfalls adäquate, z.B. von der Zahl der Betreuungen her. Diese sollen in den nächsten Jahren und sind bereits peu à peu "abgebaut" worden. Es entstehen neue Wohnungen über Wohnungsgesellschaften als Vermieter. Die Leute selbst werden unter ihrer Mitwirkung neu aufgeteilt auf Wohnheime, Wohnungen und auch Obdächer, wenn's keine andere Lösung geben kann.

Dann gibt es Straßen wie die Charlottenstraße. Dort prostituieren sich junge Frauen. Ungeliebt von Anwohnern und Geschäftsleuten. Tun dies, um ihren Drogenkonsum zu finanzieren - mit dubiosen sogenannten Freiern. Jetzt sind es die Anwohner leid, gründen eine Gegenbewegung, die von der politischen Mehrheit gestützt wird. Und sollen letztlich durch Straßenverkehrsänderungen und Bußgelder einer neuen Straßenordnung verdrängt werden. Eigentlich ihre Freier, aber damit auch sie.

Nachtunterkünfte: In Containern z.B. Bullig warm im Sommer, Mehrbettzimmer oder in großen Steinhäusern. Die Container beherbergen Menschen in der Nacht - teilweise über Jahre immer wieder. Kostenlos für den Nutzer. Bald werden die Container zugunsten einer modernen Hotelherberge mit Mehrbettzimmern aufgelöst. Die Nachbarn werden protestieren, wenn sie ihre neuen nächtlichen Nachbarn erst einmal wahrnehmen oder vielleicht doch nicht?

Ja, die einen schlafen nicht ruhig, die anderen schlafen nicht ruhig. Dabei könnten alle ruhig schlafen, wenn wir mit den unterschiedlichen Interessen wieder ins Gespräch kämen und nach Lösungen suchten. Nach Kompromissen.


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