theatercombinat | 15.10. - 04.11.2008 bambiland08 eine choreografische stadtkomposition an 7 stationen mit einem text von elfriede jelinek, wien, kooperation mit mak/museum für angewandte kunst, radio orange 94.0 (a)
«bambiland08» manifestationen, installationen und raumkompositionen. parabol-lautsprecher auf gepäckwägen, megafone auf helmen, trolleys mit fernsehgeräten, schiedsrichterstühle als beobachtungsposten: tragödienchöre aus je 12 objekten zogen vom schwarzenbergplatz über den donaukanal und die rennbahnweg-gemeindebausiedlung bis ins haus des meeres – von der heeresschau am heldenplatz bis in den flakturm des MAK-gegenwartskunstdepots.
als arbeit mit einem zeitgenössischen theatertext nach antike, renaissance und barock transformierte «bambiland08» die politisch-ästhetische praxis von chor und eröffnete eine medial-performative untersuchung des öffentlichen raums.
ausgezeichnet mit dem nestroy-preis als beste off-produktion2008
fotos: lorant racz, johannes raimann
BAMBILAND der film 2008 von tobias dörr
konzept/künstlerische leitung: claudia bosse, konzeptmitarbeit: alexander schellow, gerald singer, christine standfest, sprecherin: anne bennent, performance/labor: aurelia burckhardt, caroline farke, oliver losehand, alexander schellow, dorothea schürch, gerald singer, christine standfest, lautsprecherentwicklung/ klangregie: wolfgang musil, film: alexander schellow, umsetzung der objekte/technische leitung: simon häfele†, technische assistenz: liesl raff, produktion: astrid mayer, regieassistenz: alexander ratter, produktionsassistenz: tatiana petkova, öffentlichkeitsarbeit: christine standfest, presse: skyunlimited, gäste interventionen: monika bischof, anne decker, linde dröscher, ingeborg fellhofer, nada frauenhofer, tobias gerber, daniela graf-kunauer, olivia helvadjian, veronika kritzer, christl kucera, philip leitner, günther maier, andrea mayer, anne-kathrine münnich, saskia pauls, susanna peterka, maria pichler, ingrid racz, thomas scheiber, lucia steindl, irene stockenreitner, marie tappero, ilse urbanek, michaela wareka
«bambi's universe» im MAK-gegenwartskunstdepot gefechtsturm arenbergpark: kooperation theatercombinat und MAK im rahmen des MAK DAY 2008
«bambi total» kooperation mit ORANGE 94.0 – das freie radio in wien
unterstützt von wien kultur und aus kulturförderungsmitteln der bezirke leopoldstadt, landstraße, wieden und
donaustadt
aufführungsrechte «bambiland» beim rowohlt theaterverlag, reinbek bei hamburg
wien wird bambiland
bambiland. ein theatertext, der stattfindet, weil er adressiert ist an mich, an uns. er spricht als ich, als wir. er konstruiert ein gegenüber, den hörer, den mitteleuropäer. er provoziert ihn, seine politischen, medialen und kulturellen gewissheiten. «bambiland» eine verhandlung von krieg und seiner medialisierung in der überblendung von 2500 jahren: der 3. golfkrieg 2003. sohn bush rächt seinen vater und den verlorenen krieg. jelineks vorlage: «die perser» von aischylos. die schlacht von salamis 480 v. chr., die persische großmacht besiegt durch europäische list. feindbilder, redestrategien, technisierter und ökonomischer machtwahn. und wir, die mitteleuropäer, die aufsaugen und ständig beschriftet werden von bildern und worten. wir, die wir ständig adressiert werden.
kriegsbericht. bambiland ein text, der sich dreht, attackiert, versteckt und windet. permanentes einhämmern und adressieren und befragen. festsetzen und wieder auflösen. keine front, keine gegner. verseuchtes gelände. verseuchte wahrnehmung. der krieg ist kein ereignis sondern ein schwall, ohne moral. wien wird bambiland.
science fiction. absurde gebilde beschreiten und überschreiben den stadtraum. menschen steuern geräte, die mit einer stimme sprechen, die zu sich spricht. menschen verschmelzen und tanzen mit objekten. objekte einer vintage science fiction, aus gebrauchsgegenständen zusammengebaute und umfunktionierte ton- und bildträger.
«bambiland» von elfriede jelinek – eine chorisch-monologische diskussion mit mir, dem städtebewohner.
raumkomposition
chor wird zur unendlichen multiplikation einer stimme, zusammengesetzt aus sprachen und sprachmasken aus 2500 jahren abendländischer kultur. parteiungen, feindschaften. sprechfeindschaften, sprachgrenzen. ein medienchor aus einer einzigen stimme, als übermacht, autorität. eine frauenstimme (anne bennent) bespricht chorisch mit sich den öffentlichen raum, grenzt und dehnt ihn aus, überschreibt ihn.
der text wurde, einer sprechpartitur folgend, auf 4 spuren aufgenommen. bestimmte sequenzen wurden von der sprecherin übersprochen zum chor mit sich selbst, manche passagen über alle klangobjekte vervielfältigt, andere wieder unterschiedlichen objektgruppen zugeteilt.
akteure bedienen die geräte in realzeit. die stadt bewegt sich in realzeit. die objekte als akustische funktionsgegenstände werden mittel der realtime-komposition des textes mit der akustik der stadt. die stadt und der zufall komponieren mit jelineks text.
schwarzenbergplatz, 15.10.2008
12 parabollautsprecher auf gepäckwägen
3 fernseh-trolleys
12 schiedsrichterstühle
dauer 2h46min
beginn der serie «bambiland08». vermessen des politischen ortes. überschreiben des historischen grunds durch eine mobile choreografie mit 15 akteurInnen, die sprache und zuschauerInnen zugleich bewegt. die klangkörper werden in wechselnden formationen über den platz manövriert, zielen nach innen und in die stadt hinaus, rotieren, tanzen und spannen ein sich ständig neu konstituierendes klangnetz.
donaukanal, 18.10.08
12 helm-megafone
1 fernseh-trolley
dauer 1h30min
beton. wasser. zwei seiten, zwei parteien. opec-gebäude, ölzentrale, geiseldrama. menschen mit helm-megafonen beschallen die weite des raums, benutzen ihn zur ausbreitung der sprachlichen komposition. akustischer angriff auf die symbolik der gebäude.
«bambiland expedition» - haus des meeres, esterházypark, 21.10.2008
12 helm-megafone auf der dachterrasse
funkkopfhörer im tropenhaus
tonanlage des haus des meeres
6 parabollautsprecher an den ecken der aussichtsplattform
4 parabollautsprecher auf dem dach des flakturms
dauer 2h46 min
faschistische erinnerung. der ehemalige flakturm als akustische zentrale. 12 megafone besprechen den stadtraum von der flakturmplattform aus. danach kehrt der raum sich um: indoor-biotop. eine künstliche welt. akteure sind die tiere. der turm wird erklommen vom tropenhaus über das haifischbecken bis auf das dach, wo sich der blick öffnet auf das biotop der stadt.
12 helm-megafone
12 parabollautsprecher auf gepäckwägen
3 fernseh-trolleys
12 schiedsrichterstühle
«bambiland» morpht sich in den kunstraum. eine bild- und klanginstallation im gesamten flakturm mit parabollautsprecherwägen, screenings und stummen megafon-performerInnen. bearbeitete filmsegmente werden vom text überschrieben und auf die mauern des flakturms projiziert, von disneys kriegslehrfilmen über den bambi-film, von der explosionsszene aus antonionis «zabrisky point» bis zu saddam husseins hinrichtung.
dauer 8h.
die performance beginnt im turm und bewegt sich als spaziergang durch die stadt, eingerahmt von 12 menschen mit megafonen. sie endet auf dem nun leeren heldenplatz, auf dem noch das kriegsgerät zusammengeräumt wird.
dauer 2h30min.
«bambi total» am heldenplatz und auf ORANGE 94.0 MHz, 26.10.2008
radiogeräte
bambiposter
dauer 2h46min
wiener heldenplatz am nationalfeiertag. heeresschau des österreichischen bundesheers. kriegsgerät und die redeschlacht jelineks. eine radioparade mit ORANGE 94.0 – das freie radio in wien. der text wird über radiogeräte live in den erlebnispark der militärausstellung eingeschleust. bambiland-beschallung im kriegsdisneyland.
«jelinek's disney». tiere im gemeindebau. eine akustisch-performative intervention als soziale plastik. 3 innenhöfe entlang des rennbahnwegs 27, wien 22. ein ort des überkonkreten. eine konfrontation mit der autorität und anmaßung der kunst. möglicher zerfall der strategien des textes und unserer untersuchung. 3 parallele settings mit sprechenden schiedsrichterstühlen, parabollautsprecher-gepäckwägen und akteuren in hasenkostümen. was oder wer wird vom text beschriftet? wer ist der fremde? wer beobachtet wen?
schwarzenbergplatz, 04.11.2008
beobachtungsformation aus 12 schiedsrichterstühlen
12 parabollautsprecher auf gepäckwägen
12 helm-megafone
2 hasen
dauer 5,5h
ein aus den vorherigen versuchen entwickeltes setting in kombination aller elemente und medien am u.s. wahltag. eine überarbeitete version der eröffnungschoreografie bildet die achse der folgenden performance, unterbrochen von 3 demonstrationszügen, die in unterschiedliche richtungen vom schwarzenbergplatz in die stadt ausstrahlen. im anschluss projektionen von materialien aus allen vorherigen versuchen, party und u.s. wahlberichterstattung.