der dienstagssalon "the future of the vampires" entstand aus dem wunsch heraus fragen zur recherche, zum research-vermögen von kunst, zu arbeitsprozessen nicht alleine den wissenschaft(en) zu überlassen, sondern fragestellungen, methoden und diskurse, die aus bestimmten arbeitsweisen entstehen mit anderen künstlerischen praktiken und strategien zu konfrontieren; reibeflächen, schnittpunkte und diskussionsräume sollen im areal des kartographischen instituts im hamerlingpark im austausch mit dem publikum im wochenrhythmus produziert werden.
die performance tryouts, lectures, multimedialen projektskizzen und arbeits- und rechercheprozesse zum dienstagssalon werden auf dieser seite gesammelt und dokumentiert; die fragestellungen werden über kurze beschreibungen gegengelesen.
beschreibungder aktionen
claudia bosse und phillip gehmacher blicken starr auf den Grund und erzählen simultan, wie durch einen mund, entgegengesetzte fragmente ihrer biografien. die räume erwachen zum areal der recherche. die performer bewegen sich im intimen verbalen und körperlichen frage- antwort parcours durch die räume; „was bedeutet für dich tanz?“, „wie zeigt sich eine politische geste?“. historische und politische dokumente werden durch die akteure verkörpert und verbalisiert, sie klingen in unterschiedlicher lautstärke durch lautsprecher. die performance streckt sich über drei Räume, so suchen sich die zuschauer ständig neue positionen im raum, um klang und bewegung im „framed chaos“ neu zu erfahren.
fragestellung(en) "notizen, 27.februar:
ich hätte lust an kollidierenden, energetischen körpern mit dir zu arbeiten.
mit all der unfertigkeit meiner körperlichen mittel.
eine energetische ausladung in mehreren räumen, eine raumfolge, ein rein- und raustreten aus räumen, begegnen, auseinanderstieben, aufeinandertreffen an der grenze der unkontrollierbarbeit.
chaotische körper. energetische körper und totale stille.
auch sprache, leise und laut, stille.
notizen, 9.april:
elemente/offene fragen:
fragen aneinander über mikro, dialog über mehrere räume
entkörperlichung, raum, sprache und entfernung, dialog mit der stimme des anderen
(man hört sich nicht direkt)
freie fragen aneinander oder mit score/vorbereitung?
fragen zur arbeit/methoden und fragen "privat"?
beschreibe den einsatz deines körpers bei deiner arbeit
was ist für dich das verhältnis von ästhetik und moral
was ist für dich das verhältnis von kunst und politik
beschreibe das politische deiner arbeit
bitte definiere den begriff raum
stille, nur bewegung
keine sprache.
ein raum ohne sprache
eine choreografie mit stille und dem chaotischen körper (oder dem "expressiven").
sprache mit energie in den raum schleudern, bis der körper fast zerrissen wird von der sprache, ihrem ausstossen.
philipp schreit textpassage von alain ehrenberg?
"lecture performance-moment"
mit umgekehrtem ausführen:
dh. philipp beschreibt seine arbeitsmethode, ich führe aus was und wie ichs verstehe und umgekehrt.
score an die wand schreiben,
die fragen, zu denen wir arbeiten,
als struktur unserer untersuchung, unseres interesses veröffentlichen."
dokumentation der projekte
claudia bosse, philipp gehmacher
still framed chaos
yosi wanunu
"why i am not convincing the scene with my method?"
lecture performance, 12.04.2011
beschreibungder aktionen
das publikum wird nach einer runde japanischem schnaps einmal im kreis herum gedreht, in einem bläulich-weiß schimmerndem raum, an dessen wänden seitenweise skizzen und thesen zum eigenen arbeitsansatz (und dem von toxic dreams) hängen. yosi wanunu analysiert die eigene arbeit, führt sie vor, stellt sie in frage: explodierende schauspieler, die lokale szene als "office party", suspense-kohlköpfe und vaudeville als urahn der performance; die titelfrage entpuppt sich schlussendlich als paradox, als eine chain of brutality, aus der sich nicht ausbrechen lässt, analog zur szene, mit der man, endlich teil derselben, schließlich nur noch im kreis läuft, auf der suche nach einem neuen ansatz.
fragestellung(en) "I believe that the serious resistance my work has generated (without wishing to minimize my appreciation for those who do and have supported it) has to do with a sensing of the way my work has always been very aggressive in maintaining that life as we know it (and as normal theatre knows and presents it) is an absolutely silly, childish (and understandable) avoidance of the emptiness at its center. So I believe that my work originally seemed "off" (a better word than "avant-garde") because it aggressively mounted a disassociated consciousness trying to "echo" the manner in which the "center does not hold"-ever-as all our so called coherencies are mere wobbles of artifice around a central black hole. And as I grow older, this central awareness tries to surface in my work in more naked form-pulling me back, I suppose, into modernism-as opposed to a postmodernism that "dances the dance over the abyss" without-as I see it- paying homage to that abyss itself, the terror of which generates all our constructions and inventiveness."
maren grimm
"'2011, 1870, 1986, 1945, 1981, ...' close reading eines fiktionalen verbrechens"
lecture performance, 19.04.2011
beschreibungder aktionen
unter freiem himmel, im schon dämmrigen licht sitzen die zuschauer im innenhof des kartographischen instituts und schauen im wechsel auf sequenzen des films „spiel mir das lied vom tod“ und die filmemacherin maren grimm. sie übersetzt das visuelle bild in sprache und verdeutlicht so die struktur der bilder. mit ihrem autobiografischen zugang zeigt sie wie der film im kontext seiner zeitlichen und örtlichen rezeption funktioniert und entwirft thesen warum der film im deutschsprachigen, jedoch nicht im amerikanischen raum, erfolgreich war.
fragestellung(en) "Close Reading eines fiktionalen Verbrechens: Wenn wir einen Film sehen, und dann die Geschichte dieses Films nacherzählen, würden wir beispielsweise die Szene der Ermordung der Familie MacBain in Sergio Leones 'Spiel mir das Lied vom Tod' von 1968 folgendermaßen beschreiben:
'Die MacBains bereiten auf der Sweetwater Ranch die Hochzeitsfeier vor, dann kommen Franks Leute und erschießen die ganze Familie.'
Das reicht soweit aus, um den weiteren Handlungszusammenhang der Geschichte des ganzen Films zu erzählen. In der genauen Beschreibung der Sequenz läßt sich allerdings freilegen, daß die Kameraoperationen einer Choreographie folgen, welche die Betrachter_innen mit den Körpern der Familie synchronisiert. Wir sind die Opfer, die Täter sind zunächst unsichtbar. Der Mord am jüngsten Sohn, der während sein Vater und seine beiden Geschwister erschossen werden, im Haus ist und erst als sie tot sind, herausgelaufen kommt, folgt einer anderen Logik. Sein Tod ist in einen Schuß-Gegenschuß Wechsel zwischen Mördern und Opfer zerlegt. Also eine Erzählung, die über den wiederholten Wechsel von Täter- und Opferperspektive erfolgt. Aus der genauen Nacherzählung dieser Szene werden einige Überlegungen abgeleitet, die Leones Film im Zusammenhang mit der Zeit seiner Entstehung betrachten. Wie läßt sich das hohe Identifikationspotential des Films für die 2. deutsche Nachkriegsgeneration und vor allem für die 68er-Bewegten erklären?
Der Vortrag versucht einen Zusammenhang zwischen den Kameraoperationen, die die Erzählung generieren und ihrer mögliche Korrespondenz mit den unbewältigten Kriegserfahrungen der deutschen Nachkriegsgesellschaft zu konstruieren und zur Diskussion zu stellen. Dieses deskriptive Verfahren 'übersetzt' die ikonopathischen Erfahrungen wieder in Sprache, das Visuelle in ein Textuelles. Ausgehend vom Formalen soll es nicht um Interpretation sondern um eine Verortung im geschichtlichen Kontext gehen.
alexander schellow
"ME an operation of experience - kartografien des vergessens (athens)"
walk/lecture performance, 19.04.2011
beschreibungder aktionen
alexander schellow beginnt die erkundung seines arbeitshorizontes auf engstem raum: er sucht die wände und den boden dieses raums, den er mit dem publikum teilt, nach sätzen ab die seine biografie offenlegen: „ich werde versuchen wie beuys und da vinci zu zeichnen.“ bei der rekonstruktion seiner biografie im futur mappt er den gemeinsamen raum: menschen müssen den, in die architektur eingeschriebenen, ereignissen weichen, bzw. organisieren sich um diese. ein spaziergang, gewunden wie der lauf eines flusses, durch die hell erleuchteten und dunklen räumlichkeiten des gebäudes endet mit einem einblick in den entstehungsprozess und das bisher entstandene material eines aktuellen projekts. das video-selbstinterview zur eigenen methode, den daraus entstehenden fragen und problemen zwischen sich im pullover und sich im hoodie wird gleichzeitig von ihm live synchronisiert.
fragestellung(en) "Auf einem Weg durch die Räume des ehemaligen Militärgeographischen Instituts Wien versuche ich eine Annäherung an Aspekte von Einsatz, Verortung und Verantwortung innerhalb einer spezifischen instrumentellen Subjektivität, die ich in meiner Praxis der Raum-Recherche einsetze. ‚Ich' wird in dieser Methode als operativ, nicht als subjektivistisch verstanden, und nur deshalb taugt ‚Ich'-Beobachtung in aller Doppeldeutigkeit zu einem brauchbaren Mittel, um Verteilungen von Aufmerksamkeit oder Momente von Orientierung zu untersuchen. Eine Objektivierung ist und bleibt dabei schwierig, und wirft Fragen auf: Welcher rahmende Miss/Ge/brauch der ‚ersten Person' ist denkbar, um eine Reibungsfläche zu erzeugen, an der sich ein Verhältnis zu ‚Welt' kristallisiert? Welches Potential von ‚Dokument' kann hier erfahrbar werden? Und in welchem - ästhetischen, politischen, womöglich ethischen - Verhältnis steht eine solche Praxis zu den von ihr generierten Narrationen, Prozessen und Informationen?"
christine standfest
"blinde flecken" einige biografische narrative, 26.04.2011
beschreibungder aktionen
auf den stufen im stiegenhaus sitzend lauschen die zuschauer der lecture performance von christine standfest, die am treppenabsatz stehend, ihre blicke zwischen dem zweigeteilten publikum koordiniert - zu einigen blickt sie die stiegen hinauf, auf andere herab.
auf verschlungenem pfade streift sie „blinde flecken“, unverstandene, vergessene erfahrungen und stößt dabei sowohl auf autobiografische augenblicke ihrer zeit in england, berlin und wien, sowie politische und künstlerische erinnerungen der vergangenheit, wie einem musikvideo von the clash und die RAF.
„blinde flecken“, in dicht zueinander positionierten fragmenten die von riots, aufständen, aggression und identität erzählen, werfen sich fragen zu politischer praxis und der legitimation von kunstarbeit auf.
fragestellung(en) warum trifft plötzlich was? was ist pathos, ausser dieses getroffen werden durch kalkuliertes, geformtes, gezieltes treffen? warum wird geweint in kirche, küche, kino? und warum nicht oder nur selten im theater, oder der performance?
trauen wir uns das eigentlich, "emotionen" oder gar "gefühle" in unsern arbeiten? oder stattdessen: reformismus aller formen.
einige autobiographische anmerkungen anhand unverstandener pathetischer begebenheiten aus meinem leben in politik und kunst zur überprüfung und befragung von "geschichte", veränderung, handeln und des verhältnisses von gefühlen, militanz und darstellender kunst.
1986 schrieb ich aufs deckblatt einer hausarbeit - FU berlin, germanistik, schreibmaschine. bomben auf lybien und GAU tschernobyl:
"gibt es die inszenierung von erfahrung?" und: "wir haben immer noch lust zu siegen."
bernard breuer, nik hummer, paul wenninger "SUPERélastique: Kaltes Kochen" sound and installation - sound in space total, total noise! Yeah!, 26.04.2011
beschreibung der aktionen der ehemalige heizraum im keller des gebäudes, in den das publikum geführt wird, ist mit kühlem blauen neon passiv erleuchtet; ein zunächst noch leiser, angezerrter sound dehnt sich in der industrial-landschaft langsam aus und prallt gegen die harten betonwände. die ränder des raumes werden vom dunkel verschluckt, nur in der mitte, wo das publikum steht, reflektiert ein netzwerk aus heizrohren das Licht und wirft scheinbar den noise-sound des trios durch den raum, der, nach einiger zeit aus allen ecken und enden in teils ohrenbetäubender lautstärke kommend, versucht der architektonischen Struktur des raumes eine weitere ebene hinzuzufügen. der von gitarre, synthesizer und drumkit erzeugte sound ist gebrochen, düster und distanziert aber alles andere als sperrig und beliebig.
fragestellung(en) SUPERélastique: Kaltes Kochen
Auf der Flucht vor den Schergen der Unterhaltungspolizei wird schnell serviert: Superelastique hetzen ihren desaströsen Lärm rastlos durch Lautsprecher und anderes Gespass.
Bernhard Breuer (Lärmschlagwerk)
Nik Hummer (Lärmsynthesizer)
Paul Wenninger (Lärmgitarre)
tobias gerber "reverbed into ghosts"
lecture mit sound kontaminationen, 03.05.2011
beschreibung der aktionen
auf dem dachboden spukt es - dort hausen die geister, so legt tobias gerber seine gespenstische sound lecture auf den obersten stockwerk. er bespielt den raum mit ethnografischen sounds und electronic voice phenomena, die disloziert auf vier kanälen im verwinkelten raum erklingen. vergängliches eröffnet sich in den alten räumen des kartographischen instituts, die manche realität überdauert haben. tote sprechen zu uns. die zuschauer lauschen seltsamen stimmen, durch ihre bewegungen im raum interagieren sie mit ihrem körper zum sound. körperlose stimmen und stumme körper, wie verhalten sie sich zueinander? eine stimme brüllt immer wieder „all you need is a taperecorder or a digital recorder“. plötzlich ertönt ein saxophon, nicht vom band sondern live im raum, gespielt von tobias gerber. er spielt bis sein atem erstickt und kein ton mehr erklingt. es wird erfahrbar, wie sich unsere wahrnehmung des raums mit live produziertem sound im vergleich zur tonbandaufnahme verändert.
fragestellung(en)
Das Hörbare interessiert mich als Effekt spezifischer Dispositionen innerhalb derer subjektive Sinneswahrnehmungen auf soziale, kulturelle, technische und ökonomische Systeme treffen, in denen Subjektivitäten und Körperlichkeiten konstruiert werden, eingebettet in kulturelle Systeme und Medienverbünde.
Praktiken, die Klang hervorbringen, ihn bearbeiten, transformieren oder seine Erfahrung und Wahrnehmung konditionieren, schaffen bestimmte Verhältnisse gegenseitiger Bedingung, Modulation und Hervorbringung zwischen Klang, Technik, und Körper.
„Reverbed into ghosts“ widmet sich diesen Verhältnissen – am Beispiel meiner eigenen instrumentalen Praxis sowie anhand von Audio-Aufnahmen, welche zum einen Schauplatz der Entkörperlichung und Enthistorisierung, zum anderen materielles Diesseits für körperlosen Stimmen sind.
günther auer "luftdruckgeräte und anderes zeug"
multilecture and sound, 03.05.2011
beschreibung der aktionen
günther auer nimmt abschied: das kartographische institut versinkt stockwerk für stockwerk im dunkel bis das publikum schließlich in die absolut zappendusteren, labyrinthischen und weitläufigen kellerschächte geführt wird. das publikum wird im gesamten keller aufgeteilt - auf verschiedene räume, gänge und kammern, bis auch der letzte sitzt und die dunkelheit so manifest um sich greift, dass man schließlich die orientierung zu verlieren beginnt; dann setzt der sound ein, der durch den gesamten keller fährt: die eigenschwingung der leeren kellerschächte über den subwoofer bis die fensterläden herauszuspringen scheinen; dann wieder "stille", man hört auf den raum, auf tropfen, passanten und luftzüge. ein luftdruckkompressor (ein echter - darunter macht es günther auer nicht) unterbricht diese scheinstille. der raum um einen herum, gefüttert mit seinem eigenklang, wird fremd und so auch das publikum im dunkeln sich selbst, das seine wahrnehmung neu justieren muss.
fragestellung(en) luftdruckgeräte und anderes zeugs aka der raum im archiv
AGO_NFNW_310865TO05042011
wer braucht schon einen faden durch das gewirr. ein faden ist zuwenig. du brauchst eine behauptung. mindestens. mindestens eine. eine behauptung, von der du überzeugt bist. an der du dich aus- und aufrichten kannst. die groß genug ist, um die welt in ihr zu verstauen. besser noch das ganze universum. big is sick and sick is chique. the radical chique clinic.
lang laufen. tempo aufnehmen. ein strich sein. verduften.
von wand zu wand. abstoßen. beschleunigen. aufprallen. schmerz. abstoßen. beschleunigen. wieder kommen. schmerz. abstoßen. tempo aufnehmen.
das lernt man: nie im rechten winkel. leicht versetzt. dann entsteht seitbewegung. aufprallwinkel equal abprallwinkel. die größe des winkels ist analog zur größe der behauptung. die geschwindigkeit ist analog zur größe des behaupters. die wucht des aufpralls ist die größe des erfolgs der behauptung. der schmerz ist die information. der korridor ist die einheit. in ihm wird verhandelt. durch ihn muss man durch. und nicht vergessen. tempo, tempo, tempo.
am ende des ganges fehlen die wände. und es fehlen die abschürfungen. die haut brennt dort nicht mehr. der schädel brennt dort nicht mehr. wenn man alles richtig gemacht hat, ist der schädel dann bereits geöffnet. das hirn frei. die zeit raum.
hatte 3 männer letzte woche. und ein abendessen mit maria. dazwischen verdauungsprobleme, muskelkater, ein gespräch mit dem finanzamt und jede menge einfälle. aber der aufprallwinkel hat sich um keinen deut vergrößert. eher verkleinert. gefühlte ein grad weniger. das wird nun besser, ich habe in meine zukunft investiert und mir eine struktur gekauft. nicht gerade billig, aber laut forenbeiträge ein hammergerät. kommt hoffentlich nächste woche. schwein.
der raum im archiv IST
konfigurieren versus interpretieren, taggen versus komponieren, schichten versus reihen, höhenangst versus hörsturz, denkort versus denkumgebung, stereo versus multichannel, virus versus versus.
peter stamer, begleitet von yosi wanunu "there is no space before - mE"
performance try-out, 10.05.2011
beschreibung der aktionen
in einer warmen sommernacht werden auf dem dachboden geschichten erzählt. genaugenommen eine fabel, gefilmt von peter stamer und yosi wanunu in den leeren räumen und weiten fluren des kartographischen instituts, die das publikum auf einer videoleinwand im dachstuhl des kartographischen instituts verfolgt. karte und terroritorium waren dann auch das thema der fabel, die berichtet wurde: einst gab es einen könig, der wünschte sich eine detailgetreue karte seines territoriums und als er sie schließlich (von einem "beggar named wanunu") erhielt, verirrte er sich in ihr, verlor sich selbst, erblindete, wurde irre in der perfekten fantasie und wankte - dann wieder vor der leinwand - als peter stamer gekleidet über den dachboden, verloren in der eigenen simulation.
fragestellung(en) „The film we saw is never the film I remember.“ (Victor Burgin)
Eine leere Bühne. Ein Mann tritt auf. Er schließt die Augen und beginnt zu erzählen. Aus der Ich-Perspektive beschreibt er eine Filmszene, tritt in ihren Fantasieraum ein. Er tut, was er sagt: die Filmhandlungen, die er beschreibt, führt er im Moment der Beschreibung auch aus. Diesen Film hat es aber nie gegeben. Er wurde nie gezeigt. Er wird nie gezeigt werden.
In diesem Try-Out wird das Gesicht des Darstellers zum Screen eines Bühnen-Films, der nur für das ‚innere Auge’ des Darstellers zu sehen ist. Der verblindete Darsteller gibt damit dem Publikum, das er nicht sehen kann, die Aufgabe auf ‚zu sehen’. Was sieht es in den ‚film stories’, den Erzählungen, ‚re-membered’, erinnert und zusammengefügt durch den Körper, Mund, Arme, Beine?
claudia bosse, günther auer "dominant powers - landschaften des unbehagens"
installation, eröffnung 10. mai
geöffnet 18.-20./ 22.-24. mai von 22h-24h
beschreibung der aktionen
"was will mir dieses bild sagen" ist eine der aussagen, die in einem der räume im ehemaligen fotolabor des kartographischen instituts an die wand geschrieben steht. daneben: jene unspezifisch spezifischen bilder aktueller konflikte (mit den obligatorischen zornigen bärtigen männern) die mittlerweile, wie es scheint, reiner selbstzweck geworden sind und deren häufigkeit und konstruktion die konflikte defacto austauschbar gemacht hat. demgegenüber werden individuelle bezüge zu den konflikten hergestellt, intime, unaufdringlich gesprochene stellungnahmen mit us-amerikanischen bürgerinnen zu terrorismus, kapitalismus, demokratie; in einem der zimmer ein abstrakter, leerer, womöglich zufallsgesteuerter sound, eine tür weiter hört man seine eigenen schritte, je nach distanz lauter oder leiser - daneben ein almanach über europa aus der mitte des 19. jahrhundert. es sind erinnerungsräume, durch die man geht, verlorene erfahrungsräume, gefüllt mit versprechen, ideen und weltsichten, von denen jetzt aber nur noch reste übrig sind. wo ist der ort für private utopie innerhalb der inszenierung des globalen weltgeschehens, das alle betreffen sollte, aber tatsächlich niemanden mehr anspricht?
fragestellung(en) ein system mehrerer räume, ein dialog zwischen dem betrachter und den arrangierten objekten, ihren informationen. visuelle und akustische informationen. verschiedene orte, wege durch die raumnarrative und die akustik des gebäudes. medienarchiv, gedankenarchiv, gesammelte textfragmente, gefundenes und erstelltes. ein interview zur revolution in ägypten, videointerviews mit amerikanern im januar/februar dieses jahres zu fragen von demokratie, terrorismus, identität.
eine reise durch die räume. verdopplungen von objekten. eine überlagerung der konkreten räume, der bildproduktionsstätten und entwicklungslabors von fotografien und karten des ehemaligen militärgeografischen instituts mit neuen bildern und imaginationen, ausgelöst durch akustische oder visuelle informationen. hören, sprache, sounds, bilder in gegenüberliegenden fenstern. leere flure. stimmen durch geschlossene türen.
"terrorism would be violent acts, conducted for political beliefs, that threaten the notion of security. for others."
die installation ist ein räumliches labor zum verstehen von akustischen und visuellen phänomenen in konkreten räumen. wie entsteht sinn, narration, wahrnehmung? wie wird denken räumlich und begehbar?
ulrike haß "nur mit wem wir wollen"
ein versuch kritischer narrative, 17.05.2011
beschreibung der aktionen
wie ein grundstudium baut ulrike haß ihren vortrag. durch einführungsveranstaltung, theorie- modul, praxis-modul, aufbauendes modul und weiterführendes modul führt sie die zuhörer durch heterogene räume. unsere rezeption verschiebt sich in der ständigen veränderung der raumkonstellationen. ein schwarzer körper betrachtet durch einen transparenten körper erscheint blau. so ist der theaterraum, der in der blackbox stets von einem unbemerkten blauen schimmer umhüllt ist, teil einer illusion. der blaue samtvorhang bei den vampires, zeigt den raum in seiner ausdehnung als uneingeschränkten raum und füttert nicht die illusionäre kammer.
theater, fern vom illusionären schimmer, trifft nicht auf einen konsens.
jedoch oder gerade deshalb: theater, nur mit wem wir wollen und für wen wir wollen.
fragestellung(en) der ort, von dem aus ich spreche und der ort, über den ich spreche: beide sind desaströs, liegen darnieder, transportieren nichts mehr. ihre verbindung, so es denn eine gab, ist zerissen wie auch die anderer institutionen und ihrer beobachtenden, kommentierenden begleitung durch kritische öffentlichkeiten. die frage ist, ob wir das hinnehmen wollen oder einen utopischen vorschlag machen können, der nicht auf eine neue internetplattform hinausläuft: eine erkundung in fünf modulen.
kathrin tiedemann, claudia bosse, nora steinig, günther auer "factory of (un)happiness"
erste schritte in eine ungewisse zukunft, performance try out, 24.05
beschreibung der aktionen
aus der vogelperspektive, aus dem dritten stock heraus, die über google earth zu unser aller raum- und blickregime geworden ist, beobachtet man drei performerinnen, die ihre biografien in der dritten person gegeneinander in beziehung setzen: als die eine zu studieren beginnen wird, wird die andere geboren, als der freundeskreis der einen zerbrechen wird, wird die andere beschließen ihr leben dem theater zu widmen. sie liegen im lichthof auf dem rücken, verheißungsvoll den blick dem himmel zugewandt - während später die performerinnen nach oben wandern, wird das publikum nach unten gesteckt in diesen lichthof, wo die reste der versprechen der jeweiligen generationen ruhen. was von oben herab noch voller pathos und hoffnung war, ist jetzt klein, bedrückend, instabil und demnach in einem system in dem alles global erscheint, hoffnungslos lokal. schließlich setzen soundwände ein und stören das verstehen, erzeugen leere stellen, während die drei frauen sich nun von oben herab ihr leben vorwerfen und verzweifelt bzw. zynisch versuchen gegen die eigene historisierung und "generationisierung" vorzugehen.
fragestellung(en) unsere Eltern haben geschuftet, angeblich, damit wir es einmal "besser" haben sollten. aber nun stellt sich heraus, dass die zurückliegenden jahrzehnte des wachstums einen stolzen preis haben, den die nachkommenden generationen zu bezahlen haben. anstatt dankbarkeit empfinden die kinder des wohlstands gegenüber der elterngeneration eher schuldgefühle, weil ihnen die "beste aller welten" keine freude zu bereiten vermag. wachstum ist vorbei und wird nie wieder kommen. nicht nur, weil es unmöglich sein wird, den öffentlichen schuldenberg abzubauen, der während der vergangenen 30 jahre aufgehäuft wurde, sondern auch, weil die ressourcen dieses planeten in absehbarer zeit erschöpft sein werden und unser soziales gefüge zu kollabieren droht. der neoliberal verordnete zwang zum glücklichsein ist ursache endloser traurigkeit. depression die neue volkskrankheit.
(in anlehnung an ideen aus: franco "bifo" berardi: the soul at work. from alienation to autonomy. semiotext(e) 2009.)
cellardoor und krôme "melancholic sound"
sound, 24.05.2011
beschreibung der aktionen
ihre sound performance legen „cellardoor und krôme“ nicht in die kellerräume, sondern einige stockwerke darüber – in einen dunklen raum mit offenem fenster, das den blick auf die dachterrasse gewährt. der raum ist schwarz, die tür weiß angestrahlt. die zuschauer sitzen, stehen, lehnen, liegen in der dunkelheit bis die tür sich öffnet, hinter der luka bosse sound mit e-gitarre und verstärker produziert. im raum ist der zuschauer alleine, er sieht nur den ausschnitt den die offene tür seinem blick gestattet. „cellar door“, kellertür wird im englischen als ein wort bezeichnet, das in seiner euphonie, in seinem wohlklang und nicht in
seiner semantik, schön ist. so produziert dieser zum teil traurig – verstörende und dann wieder energetische klang in kombination mit den visuals die sowohl visuell als auch rythmisch mit dem klang korrespondieren, eine ästhetik die sich nicht in ihrer semantik begründet.
fragestellung(en) versuch einer auf sound basis passierenden ein mann performance mit versetzter melodic, rhytmus, visuellen effekten plus möglichen textpassagen.
alles in allem melodischer noise mit viel farben.