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– resonanzen | arno böhler
– a sacred public- private experience | magdalena riegler (en)
– unter der erde gibt es nicht... in die erde kehren wir zurück | alice pechriggl
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Resonanzen von Arno Böhler (PDF)
Pro-Log
es startet – ORACLE and SACRIFICE in the woods – mit einem prolog. der ist – vorausgegangen – dem, was kommt und dem – was sehen, hören, tasten, schmecken werden, die –, die gekommen sind, um ihm, dem kollektiv aus vielen schichten, zu folgen. dem theatercombinat, Claudia Bosse. und denen, die mit ihr gemeinsam – aufgeschlosssen haben den gang durch die donauauen, hier, im wiener prater, – mythologisch . denn das, was auch ich, der der einladung gefolgt bin, fortan sehen und erfahren werde – das gegenwärtige – es ist schon resultat einer geschichte – die ihm – dem gesehenen, geschmeckten, ertasteten, gehörten – vorausgegangen ist. vorab.
einer kollektiven anstrengung verdanken wir, dass wir alle – nun hier, in den praterauen – ungewohntes hören werden, und, ungewohnt sehen, schmecken, tasten, riechen werden. dann nämlich, wenn der gang durch die auen, begonnen hat, und wir, bereit sind, einzulassen, uns – auf die donauauen und das gehörte und zumindest stückweise, mitgehen, wir, durch ein stück vom prater, mit der stimme im off, der sanft-entschlossenen. der orakelnden. – – – lauschend, was sie sagt, aus dem off, uns ins ohr. über die kopfhörer, die mitgebracht haben, wir, alle, um zu hören, die texte, sechs an der zahl.
„willkommen“,
übrigens – ist das erste wort, das wir hören, in den donauauen, aus dem off, sanft-entschlossen. denn die stimme, im ohr, sie empfängt uns – freundlich – mit ihren gedankengängen.
entwöhnten blickes – – – das gewohnte im blicken, hören, tasten, schmecken, riechen, hinter sich lassend, flanieren sie, nun alle, die körper, augen-blicklich, durch die wiesen, die wälder; vorbei, an bäumen, ästen – gefüge bilden sie, beim ergehen, der auen, auch, mit vögeln, und all dem getier, über und unter der erde. und, unter dem himmel. dazwischen nämlich – wohnet der mensch – und die pflanzen, und das getier, und alle, die lebewesen. die für uns unsichtbaren, auch.
das wandernde auge der wandernden körper aber hört – lauschend – die texte. orakel, zum download bereit. im netz zuerst, wohnen sie. und nun, in den ohren der individual-kollektive, die – sich verbinden, mit den donauauen und den hörern, im kopf. bereit, zuzuhören – unerhörtem, – das laut werden will, nicht nur in delphi, am hang des parnass. sondern auch hier und jetzt – spricht ES, das mythologische wort – zu uns. und auch die mythologische landschaft. noch immer. jetzt aber, über die ohren, im kopf.
die köpfe aber hören, lauschend der stimme, die landschaft. die aber ist außer ihnen, den köpfen. denn eingetaucht in sie, sind sie, die köpfe, die sinnenden. eingebettet, in dieses außen, die natur. die ist ihnen zuvorgekommen – den menschen; den lauschenden – samt ihren plastischen räumen. die gewähren freiheit, den lebewesen. den menschen auch. inmitten der natur. sie warten nämlich darauf, statt-zu-finden. inmitten der natur, virtuelle wolken, clouds, inmitten der natur. und daher braucht sie auch, die natur, die lebenden, und die menschen. als plastische stätten einer ankunft; damit auch wir lernen, durch das wort hindurch, das attackiert uns im ohr – zu deuten raum und zeit, hier und jetzt – aus orakelnden perspektiven. die erwarten uns, vielleicht, oder auch nicht.
oraklende worte gehen aber auch – – – unter die haut. labyrinthisch, vom ohr weg, nervenfasrig, verästelt sich der klang der stimme nämlich tief hinein, in unser innerleibliches. über impulse, elektro-magnetische, verzweigen sich dort, rhizomatisch, überall, impulse – im organismus – und darüber hinaus sogar.
die wandernden körper aber, die so, mythologisch getriggert von der stimme im off – sehen wacher nun, hören wacher nun, tasten wacher nun, die landschaft ab – auch mit den beinen –, die sie durchqueren.
die vibrationen ihrer körper, aber, wecken das bewusstsein auch. von uns & der welt, die uns umgibt. innerleiblich. umgebungshaft. denn auch bewusstwerdung findet statt, hier, im vibrierenden dickicht der auen. mattering von bewusstsein, gibt es auch hier, in allen, während sie gehen. lauschend der stimme. inmitten des weltweiten der welt, das sie ergehen, landschaftlich. bewusstwerdung auch, und gerade, von ihm – dem weltweiten der welt, das uns umgibt, da draußen, nämlich. denn ihm, dem bewusstsein, wird offenbar, auch das außen, das uns erreicht, am eigenen leib. und vertieft, in ihm. innerleiblich – – – und weckt uns, dadurch. uns selbst. denn nicht nur gegenstand ist die welt, da draußen, uns: die wiese da, der baum dort, der himmel da oben, und die menschen, hier, auf der erde, die wandernd vernehmenden. ja. – – – entfernt sind sie, weit, von-ein-ander, im raum. aber, auch eindringende sind sie – die wiese da, der baum dort, der himmel da oben. dann, wenn sie hereinschlüpfen, durch die poren der körper, die sinne, in die innerleiblichkeit, der körper. unter die haut gehen sie dann, die vibrierenden gegenstände da draußen, und bevölkern nun auch innerleiblich, die vibrierenden körper, die erwachenden.
es stimmen nämlich auch, himmel & erde, das bewusstsein. von mir selbst. atmosphärisch. nicht bloß phantasmen sind die bilder der welt, da draußen, in mir. denn, ek-statisch wird das bewusstsein, wenn ES die welt um sich herum, vernimmt. dem außen zugeneigt. inwendig. als ob ES nicht verlassen würde, die welt, ein bewusstsein, während ES sich vertieft sich, in sie. während ES auslangt, nach gegenständen, da draußen, hinein scheint ES zu gehen, in die welt. zurückkehren. während ES sie kontaktiert, sinnend, berührend, tastend. die gegenstände, da draußen. sie tuschiert – tastend ergreift, tastend erhört, tastend erblickt – vibrierende materien.
sie braucht auch keine fenster, daher, die innerleibliche monade: ein bewusstsein. über sich hinaus ist es, schon. immer dar, draußen bei der welt, zu den gegenständen hinaus sich streckend, bleibt es, bei sich selbst, in sich selbst – – – ek-statisch/innig – – – immerdar.
und daher auch sind alle, die körper, die bewusstsein triggernden, die der einladung ORACLE and SACRIFICE in the woods gefolgt sind, nun eingetaucht, tief, in sich selbst, während sie zuhören, wie sie spricht, die oraklende stimme aus dem off, zu ihnen. während sie – die landschaft durchqueren – auch physisch. und dabei situiert, ein bewusstsein von der landschaft, sich, unweigerlich auch, inmitten der landschaft. in jedem einzelnen körper, die ganze zeit – während sie gehen. lauschend. der sanft-entschlossenen stimme, aus dem off. die schließt auf, den wandernden körpern, das mi-lieu, das sie umgibt. mytho-logisch. am eigenen leib. am eigenen leib, aber, sind sie alle – selbst – eingetaucht, unmittelbar, in die at(h)mosphären der landschaft. distanzlos durchdrungen von ihnen, den auen. die durchziehen die körper, gleichermaßen, die sie bewohnen. innerleiblich. und wecken sie auf, dabei, innerlich.
darum auch sind sie niemals allein, die körper, sondern umgeben von räumen. felder durchziehen sie. die körper, die sie bewohnen. und zusammen mit ihnen, erst, bilden sie eine ganzheit nun, monadisch. diese aber reicht weit, hinaus, und hinauf bis zu den körpern im himmel, atmosphärisch – und tief unter die erde auch. denn die ausgänge der seele sind grenzenlos, sagte einst schon, der dunkle, heraklit, in einem fragment. das ist uns heute noch, überliefert. chaotisch sind sie verbunden, nämlich. uranos, der himmel, da oben, und gaia, die erde hier unten. staunen machen sie die erde, nämlich, die funkelnden sterne, die himmelskörper, die bekleiden gaia. soweit nämlich reicht der eros, der erde, himmelwärts, bis zu den sternen, und der glanz der sterne, er glänzt herab bis zu den irdischen. chaotisch mutet die anziehungkraft an, zwischen ihnen, zumindest manchmal.
willkommen geheißen werden nun auch – die würmer, bakterien, hölzer, bäume, äste, blüten, blumen, blätter im wald. und auch die nymphen, feen, götter, mythen – und die quarks und quanten, auch sie, alle versammeln sich zu kollektiven satzgefügen, nun, im ohr. zusammengehörig, finden sie sich ein – ex:tensional, in:tensional – in satz- und körpergefüge, seltsamer art. in erdgeschichtlicher erwartung, trächtig, von zukünften, scheinen die auen brach zu liegen. ob sie kommen werden, die virtuellen welten, inmitten der natur? die angedachten? hier und jetzt? die gerufenen? werden sie kollabieren, die virtuellen wolken, der physis, einst? die, die die orakelnde stimme im ohr verheißt, vorab, jetzt schon?
ORACLE and SACRIFICE in the woods
man wollte die menschen schützen, einst, vor überschwemmungen, hört man sie sagen, die sanft-entschlossene, im off. man war guten willens, damals – im säkularen glauben: „WERDET MODERN!“ – der glaube der moderne – er hatte gesprochen, auch hier, der orakelnde. hier, in den donauauen, zu den menschen. damals, 1871, in wien – wie anderswo auch, auf der welt –, als die donau reguliert wurde. Damals. uns dünkt es lang her. und, die menschen, guten willens, sind ihm gefolgt, dem spruch, dem gebieterischen, der sich verbreitet hatte, wie ein lauffeuer, damals, kategorisch, über den ganzen erdkreis hinweg. „WERDET MODERN!“, aber, das grundwasser sinkt. und die wüste wächst, seitdem. humus wird zu sand und die trockenheit, sie breitet sich aus, weltweit. die hölzer, hört man das orakel sagen, aus dem off, auch sie wurden härter, seitdem. angepasster. zwar waren sie selbst nicht teil der diskurse über sie, die hölzer, damals, wie heute. aber auch nicht stumm ergaben sie sich einfach in ihr schicksal. das, von menschen geprägte. denn gemeinsam, mit ihren habitaten, verwandelten sie sich, seither, und auch heute noch, ohne ende, unaufhörlich. stückwerk sind nämlich die teile von gefügen, stets, die wandernden, sich wandelnden.
„betrete die wiese“, sagt die stimme im ohr, „die bäume, dort, in der mitte“ – sie seien reisende – auch. migration hätten auch sie, hinter sich. denn vom kaukasus seien sie einst, hergebracht worden, in die auen im prater. geeignet für kultische zwecke erschienen sie, einigen, aufgrund ihrer pracht. denn bis vor nicht allzu langer zeit, wurden geopfert, ihnen, junge mädchen. ein marienorden hatte ihr blut vergossen, hört man. das sei inzwischen eingegangen in die fasern der bäume. die durchziehen den baum. und die knochen der mädchen, der geopferten, zersetzt. ihr fleisch, vermodert. nährstoffe wurden sie, die geopferten körper, den kaukasischen bäumen.
es nähern sich menschen den bäumen, den kaukasischen, aufmerksam. sie wendend sich zu, ihnen. getriggert von worten, und die erde um sie herum ertasten einige, und den stamm. andere liegen am boden herum, der erde lauschend und noch mehr.
Organlose Körper
nach dem prolog, der weg durch die praterauen – begann – ein zweites mal. die körper lauschen nun, innerleiblich, dem außen zugewandt – dem organlosen körper, der natur & der stimme.
deleuze, dieses wunder an philosophie, verstorben ist er. aber posthum geboren werden – einige von uns, erdlingen. heute noch, immer. Nietzsche, Artaud, Melanie Klein. geopfert wurden auch sie, zu lebzeiten. ach! – – – frühlinge. viel zu früh erschaut – haben sie – ungewohntes, eine zukunft, diffus. moderne orakel, allesamt, waren sie, von morgenröten, die noch nicht geleuchtet haben. die wurden wach, frühzeitig, führreif, in ihnen. aber zerbrochen sind sie, an dem glanz, dem schönen, die verblendeten. in stücke zerrissen, paralysiert, umnachtet, sind sie, selbst, organlose körper, geworden. wie herzlos die zeit, zu sein vermag. idiotisch, als wäre nicht genug platz da, zwischen himmel & erde. auch für sie, die eigensinnigen, unter uns.
auch die kleinen, engelsgleichen körper, der kinder – noch bevor sie sich selbst gesehen und erkannt hatten – im spiegel – organlose körper waren auch sie. bis die mütter – nickten –, und die väter auch und das kind, wurde, zum bild im spiegel, seither. und forftan, abgeschnitten war es, das arme kind – das mädchen, das arme – der bub, der arme – abkapselt seither, vom rest der welt. isoliert, endete die kindheit hier. denn organisch wurde der körper, der organlose, nun. als würde die welt des kindes enden, seither, an der oberfläche seiner haut. und das weltweite der welt, das einwohnt der kindliche körper, an der oberfläche seiner haut – verschwunden, seither. als wäre es nichts, das weltweite der welt. das monadische ende des kindes, aber, reicht weit darüber hinaus.
in den donauauen, körperteile liegen herum, verstreut, kindlich: ein arm – dort – ein fuß – dort, zwei finger, eine zunge, ein torso, dort, aufgebrochen. innereien liegen herum. es wimmelt von organen, überall. nicht zusammengefügt sind sie, fest, in einem organismus. sondern lose, zerstreut, liegen sie, herum. als ob sie sich wehren würden – widerständig –, die organe, eingesperrt zu werden, gänzlich, in funktionen – die ihnen der organismus – der strenge, zuweist. eindeutig. militant, gemanagt: „heil!.“ vergessen, verdrängt, ist dann, das unförmliche plasma. zwischen den organen liegt es. ein knirschendes, widerständiges, störendes element. staub in der maschine, des organismus. der organlose körper. ruhelose verschiebt er, die dinge. und lässt, delirierend, aus den fugen geraten, die organismen.
ach! theater der grausamkeit. zu sehr lieben vielleicht, manche organismen, den organlosen körper. zu nah ist er manchen gerückt, vielleicht – den frühlingen. diesen fugen des kha – khronos, khairos, khali, khaos – sie regieren stets, eine zeitlang, die zeit, anarchisch. im übergang einer zeit. wo sie sich wendet und windet, hin und her, zwischen ordnung und unordnung, beide chaoiden vermittelnd, spielerisch. nach ausgängen sucht, der organlose körper, der aporetische. zwänglich. chronisch. lässt er, der todestrieb, im herzen der zeit, alles wiederkehren. was war, was ist, auch das, was sein wird. auch es, das virtuelle, ja, auch es, kehrt zurück, immer wieder, unaufhörlich, im reigen der zeit. unerwartet, oft, entfaltet sich kommendes, dem herz der welt.
inmitten dieser mythologischen erinnerungen – zwischen lungen, leber, armen, fingern – wandernde körper, in den donauauen. auch ich selbst. und mit mir, tausende mikroben, in meinen gedärmen, mit mir. ein kollektives selbst, auch ich. die vorgegaukelte einheit, der körper, im spiegel, hinter mich lassend. lose gefüge, vibrierend (vibrating matter).
einige haare junger frauen, hängen an ästen, hören wir die stimme sagen, aus dem off, beim vorbeigehen. nicht weit entfernt von hier, kaufen sich freier liebe. im prater, in den donauauen. flüssigkeiten, wechseln die körper, dabei. es entstehen gefüge aus liebe, eigener art, getriebene, oft. für momente, womöglich, entschlüpft ein gefühl auch, dem treiben. gewalt aber paart sich mit den haaren der jungen frauen, oft. dort, neben der straße. körperflüssigkeiten entweichen, auch in den boden, der erde. fette entrinnen. insekten tragen winzige teile davon weg. sie sind ihnen nahrung geworden. „organloser Körper, organloser Körper. Organe in vielen Körpern, Organe vieler Körper,“ sagt die stimme im ohr. „nimm die Bilder mit dir und verlasse das Gebüsch. Siehst du dort die Wiese, die durch den Pfad zerschnitten wird. Dort, gesäumt von Bäumen, geh dort hin. Dort geht es weiter.“
Tränen, Wiese – Pilz Werden
wir gehen weiter, auch ich, folgend noch immer, der stimme im off. atmende tränen begegnen uns nun – am rand des dickichts. eine wiese. sie hat die form einer träne, angenommen, beschnitten von einem weg. auf ihm wächst nichts. seit damals. als die träne einer nymphe einsickerte, in die erde. und gaia sie aufgenommen hatte, in ihr erdreich. mitten hinein haben sie sich begeben, mit ihren körpern, einige. mitten hinein in das tränenfeld. das stimmt sie, die atmenden körper, darin, ein, atmosphärisch, in den bannkreis der geschichte – von einst. wachhaltend, die erinnerung, an sie. geologischer reigen, von trauer, erwacht, nun, von neuem. nach langer zeit, kehrt, die geschichte der nymphe, der tränenden, wieder. endlich. wird ihrer, neuerlich, gedacht und ihrer schwestern auch, die gen himmel gefahren waren. die nymphe, die tränende, aber nicht. denn sie – vernarrt in ihr eigenes spiegelbild – war blind geworden, damals. besessen von sich. und daher merkte sie nicht, was um sie herum geschah – sonst noch, außerhalb von ihr. damals. und so übersah sie, die blinde, die himmelfahrt ihrer schwestern. unbemerkt blieb sie, für sie. und nun, allein zurückgeblieben, tränte, vor trauer, sie, die zurückgebliebne, jetzt, nachträglich, den verlust, den herben, allein. und doch. nicht blieb sie zurück, ganz allein, denn es blieben mit ihr, zurück auch gaia, die erde, und die sonne, und das himmelszelt auch; verlässliche hyperobjekte sind sie. denn sie überdauern die lebenszeit der menschen, bei weitem. die zeit der mythen und die kosmischen zeiten, lang dauern sie nämlich, für uns. und doch fanden gefallen und interesse gerade an ihnen, den hyperobjekten, mythische zeiten. wir aber, heutzutage, scheinen vernarrt in die lebenszeit – von uns – im spiegel derselben, ach! herrscht und regiert uns, das aktuelle, stets. tag für tag. jammern und klagen hör ich steigen, aus dem wald, zurecht. im rücken der nachrichten, aber, noch immer, leise, unbemerkt, steigen gen himmel die schwestern. auch heute, noch. immer.
„Fahre mit Deinen Händen den Rand dieser Tränen nach. Vermesse die Träne mit deinen Armen. Siehst du die Sonne? Suche die Sonne. Greife nach der Sonne, dem Kraftwerk der Gaia. Verfolge ihre Strahlen mit Deinen Fingern. Zeichne nach, wie die Sonne auf die Bäume, auf die Blätter fällt. Ihr Licht wird ihre Energie. Atme mit ihr, atme mit den Bäumen, atme mit den Gräsern, den Blättern. Sie atmen ein, was Du ausstößt. Du atmest ein, was sie ausstoßen. Sie, die das Sonnenlicht umsetzten in Sauerstoff für Dich und andere Wirbeltiere. […] An dem dicken Ende der Träne, dort, im Dickicht, dort, wo Du herkommst, etwas hinten, liegt ein gefallener Baum. Siehst du ihn? Wenn nicht, suche ihn, geh zu ihm. Schau ihn an, den verwitternden Stamm. Siehst Du, wieviel Leben in ihm ist, wie viele Leben in ihm sind? Erschütterungen. Berühre den Stamm und sieh ihn an. Lange, nah.“
menschen, einige, fahren tatsächlich mit ihren händen die grenzen der wiesenträne ab. Imaginär-real. sie suchen, tastend, die verbindung der geologischen träne zur sonne. als ginge es darum, zwischen ihnen – brücken zu bauen. dem regenbogen gleich. dem bunten, farbenprächtigen, der beide verschränkt, mit-ein-ander. zu einem gefüge werden nun, die träne, die sonne, die nymphe, die finger. sonne-träne-nymphe-finger – – – ein inniger sach-verhalt – – – hineingefaltet alle in das satz-gefüge, im ohr. auch noch die blätter, mit ihren grünenden körpern, im blick, kommt dazu. sauerstoff atmen sie. der aber geht, hin und her, zwischen uns und ihnen. über die nasen und münder, die lungen, und über die atmende haut auch, hinunter, in den bauch. zwischen blättrigen und menschlichen körpern, verschränkungen gibt es auch, unzählige. stumme bande, oft. einsam, gemeinsam, bilden sich blätter-menschen-sonnen-blätter-sonnen-menschen-sonnen, und vieles mehr.
mit dem baum, auch, der da liegt, nicht weit entfernt, am rande der träne, modernd. noch immer voller leben ist sein sterben. ein pilz lebt mit dem sterbenden, unter anderem. gewebe aus fasern bilden sie, gemeinsam, aus dem fasrigen holz und unter der erde auch. die fäden werden erschüttert, von uns, beim gehen. „auf einem hektar wald,“ sagt die stimme uns, die sanft-entschlossene, wenn sie ausgerollt werden, die unterirdischen fäden der pilze im wald auf einem hektar boden – die hälfte der strecke zwischen venus & erde durchmessen sie. vibrierende saiten, unterirdisch. aber auch fäden des verlangens, die reichen himmelwärts. fast bis zur venus hinauf, oder ganz, manchmal.
Artemis – Totholz
artemis, die jägerin, schwester apollons, auch sie wohnt hier, im den donauauen, im wald. nach außen gewendet, ihre leber. diese reibt sie, am baum. mögliche körper entstehen dabei, durch reibung. das innere organ, nach außen gestülpt. wunderliche körper. mit dem stamm, dem geriebenen, innig vereint, als wäre die leber ein stück baum geworden. adoptiert von ihm. ein neues gefüge entstand dabei – – – baum-leber-artemis-wald – – – lose, zusammengefügt, assoziiert. wissen wir, was ein körper vermag? fragte einst, der prinz der philosophie, baruch de spinoza, in seiner ethik. was ein körper vermag, in verbindung, mit all den anderen körpern, und, ihren plastischen freiräumen, die über sie hinausgehen, ins virtuelle der natur. denn möglichkeitsräume, birgt auch die natur, unaufhölich.
das rad der zeit. chronisch rotiert es – – – sub specie aeternitatis – – – den wanderenden seelen und den wandernden körpern reicht es zu, chronisch zwänglich, auch plastische freiräume. aber selten vermögen lebende, es, zu bejahen, das schicksalsrad, das chronisch wiederkehrende. dass auch das kommende ES wieder bringt, das mögliche, uns, augenblicklich, das sei gewiss, meinten einige. sie liebe es nämlich, die natur: das mög-liche. es zu ent-falten, das kommende, lustvoll. „einer ewigen verdauung gleich,“ sagt das orakel im off, sie die natur der natur eine wiederkäuende, kuhäugige jägerin des virtuellen. artemis. letztendlich spuke sie ihre toten kinder wieder aus, die die zeit, khronos, verschlungen hatte, einst. artemis aber treibe es voran, das rad des werdens, mit ihren silbernen pfeilen. die jägerin im wald. im dunkeln wohnt sie, dem berg kynthia zugeneigt, dem kommenden, das sie aufscheucht, mit ihren silbernen pfeilen. hebamme künftiger welten ist sie. die warten schon, von ihr erjagt zu werden, hantologisch.
„Gehe ein wenig zurück auf den Pfad, der dich hergeführt hat. Folge ihm weiter in das Dickicht, an den Bäumen vorbei. Verfolge die Kurve nach rechts, bis du zu dem umgeworfenen Baum kommst, und in seine offengelegten Wurzeln siehst. Wenn Du dort bist, geht es weiter.“
„Das Tote ist nicht tot, es verändert nur seine Gestalt. Sie sind DA, alle Zeiten, ineinander und übereinander und beieinander, das Eine im Anderen, mit dem anderen. Siehe, das Totholz dort. Jenes, welches da vor Dir liegt?“
falte es ein, in dein inneres. das ermisst, die ganze weite, zwischen himmel & erde. der äther, des allzeit möglichen. die silbernen pfeile der artemis stören ihn auf, diesen himmel über dem himmel. sie wecken die zeiten, die schlafenden, auf, den blutenden himmel.
Wurzel – Opfer wurzeln gleich denken. rhizomatisch. gedanken verästeln sich zu geflechten, auch sie. sie hängen zusammen, unter sich, wie die körper auch, ziehen sie fäden, fasrig. dieser baum aber, seine wurzeln liegen blank vor uns. der wind hat ihn zu fall gebracht. bloß gelegt sind ist seine erdene tiefe. ausgestellt. den blicken, der vorübergehenden. in dem wurzelgeflecht, der bäume, verschränken sie sich, unter-ein-ander, die bäume, unterirdisch. während die stämme, oben, getrennt voneinander leben. Aufgerichtet, in luftige höhen eingetaucht, strecken sie ihre arme aus, die schwankenden, im wind. gedanken entladen sich auch, an fasrigen knotenpunkten, innerleiblich. blank liegen die nevenbahnen oft, bei gewebetieren. und die herzen, auch sie empfinden die erschütterungen, quer durch den körper, blutrot. verästelt. selbst mit den armen und beinen, pulsiert das leben wurzelförmig.
und neben ihm, dem entwurzelten baum, nicht weit von ihm entfernt, nachbarlich, ein anderer baum. bis auf den stumpf geschlachtet wurde er. trotzdem, wachsen, aus ihm heraus, zum trotz, neuerlich triebe. geradewegs, dem himmel zu. ringsherum, auf dem baumstrunk, empor. und in der mitte, eine hölzerner fläche. sie lädt zum stehen ein, die menschen, oder anderes getier. Ein hölzerner käfig, vergittert von trieben, die ranken sich empor, alle, zum licht, oben. leben gibt es auch hier noch, genügend, in dem geschlachten baum. sein stamm, nicht aufhören will er zu leben. es treibt ihn, weiterzutragen sein geschlecht, das leben, das noch immer, in ihm wohnt und trachtet danach, zu sein, neuerlich. der saft, der treibt durch die fasern seiner innerleiblichkeit, selbst jetzt noch. wo ihm fast alles an leben genommen war, dem baum, dem gefällten, der, zur opferstätte wurde, den menschen, jetzt.
einige von ihnen folgen dem aufruf der stimme im off und begeben sich, stehend, in den hölzernen käfig, den baum, den geschlachteten. sie halten sich an seinen trieben fest, den gittern, und stehen aus, seine wunde. die rebellierende, die nicht tot zu bringen ist. die lebenskraft, im wald und in den bäumen.
die höllenhunde, mit ihren klaffenden mäulern, beschützen sie, die opferstätte. die, mit dem aufgesparten leben, des neurlich treibenden baumes. sie schnüffeln, mit ihren weichen hundeschnauzen, an den menschen, die sich eingelassen haben auf den kultischen ort. sie allein hören und sehen das gebrüll der hunde, der unterwelt, das erwacht, ihnen, inmitten der triebe des geopferten baumes, stehend, auf der wunde, des baumes, des geschlachteten.
Kompost – Eingeweide und Anderes
„Die Römer, die Etrusker, die Babylonier, sicher auch andere, lasen in aufgetrennten Tieren, um die Zukunft zu erkennen. Sie dachten, dass über Sonnenstrahlen, die auf die Organe geopferter Tiere fallen, die Götter zu ihnen sprechen. Haut, Fett, Luftröhre, Lungenflügel, Herzklappen, Nierensteine. Eingeweide, ausgeweitet. Für jedes Organ eine Frage. Was fragst Du deinen Magen? Was fragst Du Dein Gedärm? Was, Dein Herz, was Deine Lunge oder Deine Luftröhre? Welche Fragen stellst Du? Wie erkennst Du die Antwort? Liest Du in der Struktur des Gewebes? In der Maserung der Haut? Oder liest Du die Aderläufe oder die Poren? Oder? Es ist Dein Herz, welches Du da siehst, in den Bäumen. Deine Lunge in den Sträuchern, das Fett deines Bauches über Dir. Dein Körper, aufgeklappt, als Lektüre. Die Zukunft in Dir, um Dich ausgebreitet. Hier auseinandergenommen, zum Lesen bereit. Lies die Organe. Flüstere oder sprich laut, was Du siehst. Erzähle Deine Zukunft den Blättern. Lies den Blättern vor, was Du siehst in dem, oder dem Organ.
Wenn Du die Zukunft erkennst, dann suche neue Orte auf. Dann, wenn Du weiter gehst, geht es auch weiter. […]
Suche langsam den Weg aus dem Dickicht. […] Erkennst Du das Ende der Lichtung? Siehst Du? Überquere den Weg und gehe auf die großen Platanen zu. Geh zu ihnen.“
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