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claudia bosse / theatercombinat


1996/1997 mauser heiner müller, 7 monate proben + 7 veröffentlichungen, klosterruine/podewil berlin (d) | juli 1997 mauser 10 tage proben + 1ne veröffentlichung, festival de verbier (ch)

mauser podgorica / hamburg   MAUSER thesen/stand 1997

MAUSER fordert theater ohne identifikations- und illusionsangebot. MAUSER will die trennung von körper und sprache. MAUSER verweigert die unterwerfung des sprachklangs unter eine interpretation. MAUSER verlangt nach körpern in einer architektur ohne dekoration. MAUSER heißt: dramatisches zentrum ist der chor. die wechselnden einzelspieler (A+B) bilden sich aus dem chorgefüge heraus und werden wieder teil von ihm.

 

claudia bosse, dominika duchnik, heike müller, silke rosenthal und als gast juni 97: andreas pronegg

berlin: 7 monate proben + 7 veröffentlichungen, klosterruine/podewil

schweiz: 1ne veröffentlichung, festival de verbier


    entstehung theatercombinat

am beginn standen 16 tage, an denen 8 personen zusammenarbeiteten. aus entdeckergeist, um mittel zu erforschen, nicht die bekannten zu rezitieren. um das theater anders zu denken, zu denken in seinen möglichkeiten, zu praktizieren als möglichkeit einer öffentlichen kollektiven praxis. als luxus von arbeit zu gleicher zeit im gleichen raum, als verknüpfung von körperlicher, politischer und intellektueller arbeit. jede dieser 8 personen (aus theater und bildender kunst) gestaltete 2 tage, der text war «mauser» von heiner mülller - ein als stalinistisch oder auch konterrevolutionär verschrienes stück, geschrieben 1970, ein kommentar zu brechts «die massnahme».

«...der extremfall ist nicht gegenstand, sondern beispiel, an dem das aufzusprengende kontinuum der normalität demonstriert wird, der tod, auf dessen verklärung in der tragödie bzw. verdrängung in der komödie das theater der individuen basiert, eine funktion des lebens, das als produktion gefasst wird, eine arbeit unter anderen, vom kollektiv organisiert und das kollektiv organisierend. DAMIT ETWAS KOMMT MUSS ETWAS GEHEN DIE ERSTE GESTALT DER HOFFNUNG IST DIE FURCHT DIE ERSTE ERSCHEINUNG DES NEUEN DER SCHRECKEN...» (heiner müller)

die zwei tage wurden von jedem zeitlich organisiert (von 2x1ne stunde bis 24 stunden am stück), sowie die arbeitsorte bestimmt (berliner stadtraum, fernsehturm, ehemals sowjetische militäranlagen, podewil, etc.). jeder stellte sich dem anderen als arbeitsmaterial zur verfügung. bedingung war, nicht zu diskutieren, sondern durch die eigenen vorschläge zu reagieren, praktisch zu argumentieren: «theatercombinat» als kombinatorik von potentialen und mitteln. es entschlossen sich 4 menschen, gemeinsam weiterzuarbeiten. man bemerkte, dass texte gedanken und strukturen als widerstände beinhalten. dass verse, beistriche, punkte den atem und die gedanken des sprechenden benötigen und in seinen körper und seine gedankenwelt eingreifen, vorausgesetzt man akzeptiert die texte als widerstand.

aus dieser beschäftigung mit mauser wurden 7 monate arbeit (als artists in residence im berliner podewil) mit 7 veröffentlichungen in der klosterruine berlin mitte im sommer 1997 und präsentationen in verbier in den schweizer alpen, in einer seilbahnstation, beim festival de verbier.

   

    berlin
unterstützt von podewil. nähe alexanderplatz. klosterruine. grundmauern. kein dach. 7 monate proben im podewil und in der stadt berlin (fernsehturm, olympiastadion, u-bahn durchgänge, alexanderplatz, flughafen tegel usf.)

aufführungen 1 woche lang, 7mal, mit täglich vier stunden späterer anfangszeit:
04.00h/08.00h/12.00h/16.00h/20.00h/24.00h/04.00h ab dem 22. juni.

bei der präsentation um mitternacht: kein zusätzliches licht. es ist finster. es glühen ca 80-100 zigaretten und warten, dass etwas geschieht. wir gehen in zeitlupe. ende der präsentation beim morgengrauen, dem einsetzenden lärm der stadtautobahn.

verbier/ch
einladung durch das «festival de verbier» (vermittelt durch noemi lapzeson, zuvor wurde die theaterarbeit durch michel kokosovski geleitet) juli. moderne skiliftstation auf 1600m. betonbunker. abgestellte gondeln.

proben: 10 tage. es kommen dazu aus genf: babara baker und maya bösch. wir leben zusammen in einem chalet über der seilbahnstation.

neben der skiliftstation steht das große musikzelt, darin die wagner-proben für siegfried parallel zu unseren proben. gidon kremer geigt, seine tochter muß für uns arbeiten. nigel kennedy geigt auch auf: wir gehen slow motion über den dorfplatz, er: «what the hell are you doing here?»

1ne aufführung. beginn 22.00h. ein ringer, der koch ist, sitzt halb nackt vor einem seilbahnpfeiler im schnee und soll im 5 minuten rhythmus seine muskeln trainieren. polizeieinsatz aufgrund von anrufen benachbarter bürger. tänzer des ateliers improvisieren mit, während der präsentation. danach «premierenfeier» im chalet mit koko und anderen.

www.theatercombinat.com theatrale produktion und rezeption