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Le Temps, 5.6.1998
LE THEATRE CHERCHE SON NORD
Von Alexandre Demidoff
Ohne Übertreibung. Fatzer in der Regie von Claudia Bosse am Grütli-Theater in Genf wird die Zuschauer verwirren, aufbringen oder verführen. Eines jedenfalls ist sicher: es wird sie nicht gleichgültig lassen. Nicht, weil die junge Regisseurin von der Brechtschen Alma Mater um jeden Preis die vom hundertsten Geburtstag Brechts angelockte Kundschaft schockieren wollte. Sondern weil dieses theatrale Ereignis selbst Ort eines Experiments ist, das die Funktionen der Gleichung neu verteilt: Schauspieler und Stimme, Publikum und Bühne, Handlung und Zeit. Das Publikum wird Position ergreifen: Die einen werden diesen Fieberschüben entfliehen, den Zeiten brutaler Stille und den anderen scharfen Schnitten in diesen Vorstellungen in progress. Die anderen werden das Spiel mitspielen, sich der - programmierten - Langeweile aussetzen und Gefühle erproben, die weiter gehen, die um so stärker empfangen werden, als sie sich in den beängstigenden "toten" Zeiten vorbereiten.
Experiment. Das Wort allein würde Claudia Bosse und ihre Gruppe junger Schauspieler ohne Zweifel nicht zufriedenstellen. Es trifft sich aber mit der Radikalität des Vorhabens. Und mit dem Text des jungen Brecht: ein fragmentarisches Werk, ein Werk des Aufbruchs, nicht zur Veröffentlichung geplant. Offenes Gelände ins Unbekannte der Sprache und des Denkens. Die Fabel, die Geschichte des Soldaten Fatzer, den seine Kameraden exekutieren werden, zählt weniger als die Anstöße der Schreibweise, in der Brecht wild und ungebändigt Reflexion und Erzählung, Sprechen und Denken verschaltet, verbindet, verkoppelt.
Das literarische Experiment findet im Grütli seine räumliche Konkretisierung: es gibt keine Trennung zwischen dem Saal und der Bühne, alles spielt sich auf gleichen Niveau in einem riesigen nackten Raum ab, der nur strukturiert ist durch am Boden befestigte grüne Hocker - und in der geöffneten Kulisse. In diesem räumlichen Dispositiv wählt das Publikum Blickwinkel und Richtungen, von einer "Schwingung" des Spiels zur nächsten, mitgeführt durch die Schriftzüge auf dem Boden des Saals.
Und auch die Zeit hat eine bestimmende Rolle. Mehr als vier Stunden am Abend der "Premiere" - auch dieser Begriff kommt an seine Grenzen - zerreiben die Sinne im Wechsel von Müdigkeit und plötzlichen Schüben von Energie. Manche Sequenzen verlieren sich im Nebel der Erinnerung, andere finden sich ein in eine erkennbare Ordnung. Sequenzen? Ja, es gibt sie. Die Fragmente werden, mit bestimmten Buchstaben bezeichnet, laut aufgerufen, oder in einer variablen Kombination von Claudia Bosse eingegeben. Auf der Spielfläche werfen die Spieler, in schwarze Overalls gekleidet, sich die Repliken zu, flüsternd oder brüllend, mechanisch oder impulsiv. Diese Geschichte hier (...) spielt ein Spiel, das jeden einbezieht.
Und erst durch die Einsamkeit aller kommt es zur Begegnung.
Jegliche Fiktion von Verbindung - sozialer oder anderer - wird hier wirklich auf die Probe gestellt: In der Art und Weise, wie die Spieler sich sammeln und zerstreuen, wie sie sich überschneiden, sich anstoßen, weitertreiben. Bis hinein in die Physis der Worte, wo die Verbindungen zwischen den Repliken systematisch gelöscht sind. Claudia Bosse gelingt es, die Brechtsche Prosodie umzusetzen. Sie löst mit dieser streng rhythmisch gegliederten Sprechweise jede wie auch immer vage Vorstellung von Harmonie auf. In den so hervorgebrachten Leerstellen entstehen - in der Improvisation - neue Verbindungen zwischen Spielern und Publikum. Dafür genügt im Grund ein weniger feiger Blick als gewöhnlich oder das Rauschen des Stoffs oder die gemeinsam erlebte Erschöpfung.
(übersetzung: theatercombinat) |
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Info Dimanche, 14.6.1998
BERTOLT BRECHT L'IRREDUCTIBLE
Von Lorenzo Malaguerra
Sieht man heute ein Stück von Brecht, dann verheißt das nur zu oft den Genuß einer bestimmten Behaglichkeit. Die Fabel nimmt den Zuschauer an der Hand und führt ihn sicher und sanft durch die Windungen der Dialektik. Auf der Bühne wird ein menschliches Wesen zermalmt, im Zuschauerraum zerstreut sich das Publikum ein wenig vor dem Essen. (...) Nach einigen Gläsern im Foyer oder nach eben jenem Essen lacht man schließlich aus ganzen Herzen über die Idee, daß, so wie der Kommunismus, auch Brecht im Alkohol aufzulösen ist.
Fatzer gehört nicht zu dieser Art Vergnügen. Denn es gibt über die Welt verstreut einen unreduzierbaren Kern von Leuten, die den Dramatiker Brecht weiter auskundschaften. (...) Sie behaupten - mit ihm -, daß Theater nichts mit unmittelbarem Verstehen zu tun haben muß. (...) Sie befragen das Theater auf seine Kapazität, das Theater zu verändern, ehe sie die Welt verändern. (...) Sie denken, daß die Kraft Bertolt Brechts in der Schärfe und Rauheit seines Schreibens liegt und nicht in seiner Eignung als Aperitif. Fatzer erwächst aus dieser Lektüre.
(übersetzung: theatercombinat) |
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Info Dimanche, 14.6.1998
L'EXPERIÉNCE DU FRAGMENT
Von Yvan Rihs
(...) Für die französischsprachige Erstaufführung hat sich das Ensemble in eine gigantische Forschungs - und Übersetzungsarbeit hineingekniet. Es ist eine "unfertige" Arbeit, die den Zuschauer einlädt, ihrer Entwicklung zu folgen und bei der sein Blick Vorstellung für Vorstellung mitarbeiten muß.
"Ein fertiges Produkt ist wie eine fertiger Mensch, das ist ein toter Mensch" sagte Gatti. Eine Behauptung, die legitimerweise auch von den Aktivisten dieses "Pädagogiums" sein könnte, in dem der Besucher bewußt auf die Suche nach Indizien zum hypothetischen Bau einer Fabel geschickt wird, die vom "Fatzerdokument" nie vollendet wurde. Eine Suche ohne Endpunkt, Abend für Abend aufgeschoben, lediglich angehalten durch die Entscheidung der Regisseurin (das kann zwischen drei und sieben Stunden dauern).
Individuelle oder kollektive Erfahrung?
Vier Soldaten, unter der Führung Fatzers, verlassen die Schützengräben und verstecken sich nach ihrer Desertion, um auf die Revolution zu warten. "Wir müssen zusammen bleiben" erklären sie, aber die Notwendigkeiten des täglichen Überlebens (Hunger, sexuelle Begierde, Besitztrieb) spaltet sie. (...) Daraus resultiert diese neue Front, der Konflikt zwischen kollektiven Perspektiven und individueller Freiheit.
In vielfältigen Ritualen, häufig bemerkenswert inspiriert und begeistert, werden die Bilder dieses - parzellierten - dialektischen Kampfs entwickelt. Bald verstreut über die Räume des Theaters, bald wieder vereint, um die Bewegungen zu koordinieren, die vom Sprechen aus komponiert sind, antwortet sich, unterbricht sich, verstummt oder explodiert der Chor, dieser FATZER, kollektiv aber diskontinuierlich.
Und der Zuschauer ist durch die Begegnung mit dieser Interaktion v.a. mit seiner eigenen Identität konfrontiert. Er versucht, entgegen aller Offensichtlichkeit, sich mit dem Verlust seines Status' als "Publikum" abzufinden, seinen eigenen Parcours durch das Spiel zu wählen, seine Freiheiten zu ermessen. Ist er Akteur? Zeuge? Richter?
Brechts Kommentar: "Ich leite lediglich die Untersuchung und meine Methode dabei ist es, die der Zuschauer untersuchen kann."
(übersetzung: theatercombinat) |
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Théâtre/Public, N°148-149, Juli, 1999
THEATER DER KOMBINATORIK
von Bertrand Tappolet
Fatzer, "la mise en fragments"
... Mauser, La malvivante, Fatzer.... Facetten eines unaufhörlich gedrehten Kaleidoskops. Seit histoires d'amour, einer Montage nach Beckett, entfalten sich die Experimente von Claudia Bosse in einer fragmentierten Sprache, in der die Worte, die Reflexion und Erzählung verbinden, kollidieren mit dekonstruierten Szenographien auf einer zersprengte Bühne: keine zensierende Trennung zwischen dem Saal und der Szene für diesen Fatzer, der etwas von der primitiven Kraft des brechtschen Grundstoffes wiederfindet, wo Körper und Stimme gleichberechtigt in einem kahlen, weiten Raum ins Spiel gebracht werden - allen Möglichkeiten der Vermessung dieses Raums (einschließlich Regieraum und Schnürboden) ausgesetzt sind. Eine Arbeit mit der Erfahrung des Fragments, der zu folgen der Zuseher eingeladen wird, und zu der sein Blick beitragen muss, indem er von Vorstellung zu Vorstellung seine eigenen Bewegungen, sein Zirkulieren im Raum, zu wählen hat.
Es ist eine riesige Baustelle, von Brecht zwischen 1926 und 1931 konstruiert und angehäuft auf ungefähr 500 Manuskriptblättern - Fatzer präsentiert sich als eine Konstellation von Szenen in Variationen und Kontrasten, Fabelskizzen, dialogischen Fragmenten, langen dramaturgischen Reflexionen, Schemata und Chören. Im Gegensatz zu Heiner Müller, der 1978 eine Montage für die Inszenierung von Manfred Karge und Matthias Langhoff in Hamburg realisiert hatte, entschließt sich die Berliner Regisseurin, die Gesamtheit des Fatzer- Fragments zu bearbeiten und diese verschiedenen Ebenen zu respektieren. Sei es die Ebene A, Fabelskizzen und Entwicklung der Figuren, eine Ebene B, Chöre, Szenen, dramatische Texten, die ihre eigene Logik besitzen und nicht immer der Ebene A folgen, und schließlich einer Ebene C, dem Fatzerkommentar, Texte über sozialen wie theatrale Praktiken. Nach Ansicht der Regisseurin geht es darum, "den Text in seiner Materialität sprechen zu lassen". Getragen von einer Theaterlust, die ein Maximum an Sensorischem und Physischem enthält, gibt Claudia Bosse das Resultat, das Endprodukt, auf - zugunsten des Interesses an einem lebendigen Prozess, einem Mittel, einen gemeinsamen Erfahrungsraum für Zuseher und Schauspieler zu erfinden.
Das Fatzer-Fragment versammelt das Gesamtwerk Brechts, zumindest dessen Utopie. Fatzer zeigt die untergründige Dynamik des Schreibprozesses und diesen Wert des Materials nimmt Claudia Bosse, die darin eine Reflexion über Solidarität sieht, auf. (...) In der Praxis heißt das, dass alle Schauspieler den Text in seiner Gesamtheit gelernt haben - unerlässliche Voraussetzung für eine Kombinatorik, in der jeder von ihnen jederzeit die Erzählung übernehmen kann. Es gibt keine Rollen, so wie es keine Szenen gibt.
Der Körper des Hypertext.
Fatzer markiert zweifellos die Geburt einer neuen Theaterform: Das Theater der Kombinatorik, eine wahre kopernikanische Wende in der Darstellungsgeschichte des 20ten Jahrhunderts. Wenn dieses "Theater der Kombinatorik" sich unter konventionelle Arten von Darstellung in früheren Theatern subsumieren ließe, wäre dies mit bestimmte Arten des Bruchs (Brecht, Grotowski, Eisenstein, Craig, Artaud,...) vergleichbar.
Es kann aber auch gedacht werden aus der Perspektive der noch ungekannten Eigenschaften, die aus den Beziehungen zwischen Informatik und Literatur hervorgegangen sind und die uns zwingen, die Arten des Schreibens, der Lektüre und der Realisation von Text neu zu definieren. Die Literatur der Kombinatorik hat bei den deutschen Manieristen einige ruhmreiche Stunden erlebt, auch bei Jonathan Swift und ganz besonders bei den Oulipo Autoren (mit ihrer Arbeit am "potentiellen Text"), wie Georges Perec und Raymond Queneau. Schon seit langem haben die Kombinatorik und die Algorithmik derart Formen von Literatur geprägt. Aber die Informatikkenntnisse dieses ausgehenden Jahrhunderts haben dem literarischen Genre eine neue Möglichkeit geliefert, besonders durch den Begriff der Interaktivität. Sie haben es gewissen Autoren erlaubt, radikal innovative Arten des Schreibens und Lesens zu entwickeln. Der Hypertext, die prozessuelle oder interaktive Literatur, die Animation von Texten am Bildschirm, bringen ebenso viele literarische Genres hervor, wie die Speicher und cd-roms auszusenden in der Lage sind.
Das Theater der Kombinatorik spielt gleichfalls mit dem Hypertext, indem es dem Auge und dem Ohr des Zusehers simultan mehrere Textebenen anbietet, aber auf eine verkörperte, physische, nicht virtuelle Art. Das Theater der Kombinatorik ist gleichfalls prozessuell und interaktiv, aber es verstärkt das Primat der Sinne und des Bewusstseins in einer Welt, wo die generelle Virtualität paradoxerweise eine gewisse Amnesie und in Wirklichkeit die Vernachlässigung des Körpers, schlichte Trägheit, erzeugt.
Das Theater der Kombinatorik erschließt sich auch durch Korrespondenzen mit den "virtuellen Welten", dem "cyberspace", die eine wahre Revolution in der Geschichte der Bilder bedeuten. Der essentielle Grund für die Begeisterung, die diese Bilder hervorrufen, liegt darin, dass diese Visualisationssysteme die Illusion des Eintauchens in den Körper des Bildes selbst erzeugen. Man kann in das Bild eindringen, sich dort bewegen und auf verschiedene Arten mit den angetroffenen synthetischen Wesen, den Texten, Klängen und Substanzen interagieren. So, wie das Theater der Kombinatorik erlaubt, in den Körper des Hypertextes einzutreten, in das laufende Stück, sich darin zu bewegen und auf verschiedene Arten mit den Spielern, den Stoffen und dem Material zu interagieren. In dieser Komplexität und dem Reichtum an Beziehungen zwischen Sichtbarem und Intelligiblen, zwischen Perzeption und Konzeption liegt die Basis der Ecriture des Theaters der Kombinatorik. So wird der Zuseher, konfrontiert mit Fatzers häufig fluktuierenden Rhythmen, dazu gebracht, die weiche Logik des Flaneurs anzunehmen, er wird sensibel für die Übergänge zwischen den von den Schauspielern in den Raum gezeichneten Konstellationen, die Arbeit des Chors und des Textes.
Das Theater der Kombinatorik erlaubt schließlich, die Verbindung von Theater und Tanz zu bearbeiten. Im Theater arbeitet die Dramaturgie mit sinnproduzierenden, "bezeichnenden" Worten. Die Dramaturgie des Tanzes arbeitet mit Bewegungen und Klängen, deren Signifikation man nur erraten oder ahnen kann. Theaterwerke haben oft einen linearen Ablauf, einen narrativen Charakter. Wenn die narrativen Einheiten nicht immer dem Faden der Geschichte folgen, so trägt ihre vom Regisseur gewollte Anordnung doch zur Konstruktion der Vorgänge bei. Der Tanz birgt eine hohes Maß an Abstraktion; eine Struktur kann die Emotion transportieren, und so die Signifikation, aber nicht in gleichem Sinn wie die Worte. Die Sprache, die Narrativität, entgeht ihm. An der Verbindungsstelle dieser beiden Dramaturgien kann die Erneuerung des Theaters der Kombinatorik stattfinden. Zur Erinnerung seien bereits durch innovative Choreographen abgesteckten Terrains aufgerufen, so z.B. Felix Ruckert und seine Kreation Hautnah, wo der Sinn und die Sinne der Choreographie durch den Austausch Tänzer-Zuseher gebildet werden, oder Michèle Noiret, die ein System gestischer Notation entwickelt hat, im Anschluss an ihre Erfahrung mit dem Komponisten Karl-Heinz Stockhausen (Les Plis de la Nuit), und schließlich José Montalvo, der die choreographische Gemeinschaft wiedererfunden hat, indem er das Publikum zum Hauptmaterial seiner Arbeit machte (A voir et à danser).
Spielregeln
Als Theater der Kombinatorik schreibt sich Fatzer in den Rahmen eines theatralen Rechercheprozesses ein. Charakteristika dieser Arbeit können in einigen Exempeln aufgezählt werden:
1. Das Objekt "Fatzer" wird nicht als dem Publikum bekannt vorausgesetzt.
2. Nur Teildaten des Material-Stückes Fatzer sind gegeben.
3. Die Rolle des Regisseurs ist es, diese Teile in Kombinationen zu versetzen.
4. Jede Aufführung von Fatzer schlägt dem Publikum eine neue Reihe von Hypothesen über die Wirklichkeit vor, immer mehr als nur eine Handlung oder eine Erzählung. Warum? Um den Zuseher dazu zu bringen, die derart realisierten Kombinationen zu beobachten, und Stellung zu beziehen gegenüber diesen Kombinationen und dem Kontext, der sie hervorbringt.
5. Indem man beschließt, mit diesem Text ohne Identifikation (Schauspieler-Figur) - die den Text reduzieren würde - zu arbeiten, wird die Gemeinschaft des Chors - die Unpersönlichkeit - von einer organischen Perspektive aus organisiert: "Jeder Schauspieler muss für alle denken", präzisiert Claudia Bosse, "er muss den Raum fühlen, das ganze Gewebe des Spiels, in jedem Moment."
6. Der Zuseher kann am Spiel teilnehmen. So integriert Fatzer, dieses lebendige Material in ständiger Entwicklung, bei jeder Vorstellung die Verschiebungen, Suggestionen und Vorschläge, die von Schauspielern sowie vom Regisseur und vom Publikum kommen.
Fatzer präsentiert sich auf gleichzeitigen, aufeinander geschichteten (Schreib-)ebenen, die unmittelbar in den Raum des Grütli-Theaters implantiert werden. Die Schauspieler sind die Zeichen der Erzählung, lebendige Kalligraphie des brechtschen Stoffs. Diese nüchternen Ideogramme aus Stoff und aus manchmal entblößtem Fleisch zeichnen ohne Unterlass die Konturen einer vagabundierenden Narration nach. Ohne Linearität schreitet die Erzählung Schlag auf Schlag voran, abhängig von Blickwinkel und Position des Zusehers, befreit von jeder Fessel. Als ob die verblüffende Provokation, die Radikalität, die beunruhigende Fremdheit oder die Verführung, kurz alles, was experimentelle Züge trägt, hier mehr denn je angebracht wären, um die Bereiche des sogenannten neuen - tatsächlich brachliegenden - Theaters des work in progress zu erschließen.
Was Jean Baudrillard über das Buch sagt, ist auch auf das Theater der Kombinatorik anzuwenden. Es versinkt nicht im Einzigartigen/Singulärem, es verlangt das Wiederholbare in der ungewissen Form der Variation und verlängert sich in multiplen Virtualitäten, so skizziert der französische Soziologe das unzählbare Kommen-und-Gehen von Identischem und Verschiedenem. Eine Bemerkung, die ihre operationelle Kraft auch für Fatzer behält: "Die einzige Leidenschaft heute: die der Vielzahl der gleichzeitigen Leben", schreibt Baudrillard, der wünscht "gegen die Simulation einer linearen Geschichte "in progress" all das zu privilegieren, das die Non-Linearität hervorbringt, [...] von der Umkehrbarkeit, die jene des Palindroms in der Sprache ist." Flux und Reflux einer Erzählung, die ständig neu zu erschaffen ist, zwischen Erinnern, Vergessen, Bewegung und Fixierung.
Die Re-Präsentation
Claudia Bosse denkt das Theater in der Dualität, dem Plural, dem Sozialen. Wie in einem Labor ist das Werk das Resultat von Kreuzungen. Sein Sinn ergibt sich aus dem reziproken Austausch zwischen Künstler und Zuseher. Aber die utopische Gemeinschaft, die den Zuseher und den Schauspieler vereint, wird nie etabliert. Glücklicherweise, denn so ist sie - instabil, widersprüchlich und spielerisch - viel lebendiger. Mit dem "uns" wird eine Version des Anderen und des Selbst gesucht, ein gemeinsamer Schritt, ein geteilter Atemzug.
Jeder un-erhörte Text steht Experimenten offen. Das heißt, sich dem Risiko aussetzen, indem man es wagt, Konventionen zu verwüsten, Sensibilitäten zu zerstoßen, das Unerwartete zu schaffen, ohne zu fürchten, entweder in die Utopie oder in das knirschende Getriebe des Realen einzubiegen. Fatzer ist eine Reise von sich zu sich, eine Reise, die über die anderen verläuft, die ideogrammatischen Figuren, das Publikum und den Ort. (...)
Theater zu machen, heißt für Claudia Bosse etwas sehen können, was noch nicht existiert. "Mich lähmt das Morgen und/dies unverbindliche Heut (...)", sagt Fatzer. Diese doppelte Trägheit wird bis zum intim Erlebten jedes Zusehers bekämpft. Das Theater ist ein Ort der multiplen Zeichen, an dem man anhält, um zu schauen und eine zu erfindende Realität aufzunehmen, einen Text, der jeweils neu zu komponieren ist. Mit Fatzer wird das Theater zur Möglichkeit eines Besuchs bei sich selbst und beim Sozialen. Fatzer beinhaltet zwei Dinge, die nicht auseinander zu reißen sind: Erinnern und Vergessen. Das Gedächtnis ist dem Vergessen verpflichtet und das Vergessen dem Gedächtnis. Es befiehlt uns, uns kein Standbild zu errichten, noch Sklaven der Fiktion zu sein - und so flaniert der Zuseher im Text, er reist aktiv in dessen Inneren. "Die Qualität des Fragments liegt genau darin, Leerstellen zwischen den rohen Blöcken für den Platz des Zusehers zu lassen." Fatzer ist in genau dem Sinn anregend für Theater, für die im Schaffensprozess gestellten und gelösten Fragen, weil es daran erinnert, dass es eine Form ist, sichtbar, real - niemals war ein Wort so nackt wie hier - aber die Form das "Lebendige" ist, die Mobilität, die Bewegung vom einen zum anderen, ein Akt des Begleitens.
Für Claudia Bosse handelt es sich also darum, mit dem Ungelösten des Werks zu arbeiten. Indem sie es organisiert, läßt sie vielleicht eine Leere, einen Ort, der dem anderen angeboten wird. Der andere, der Zuseher, wird im Grunde zum Sockel für den gemeinsam erarbeiteten Text; er lebt, er ist da, er macht leben. Durch dieses Theater wird es möglich, mit den Bewohnern im Innersten der Geschichte und des Imaginären einer Stadt zu arbeiten. Wenn das epische Theater ein Labor ist, so markierte das Ende der Vorstellung sein vollständiges Verschwinden. Der Ort ist "verbrannt", so wie im Text. Das Theater selbst hat sich ausgelöscht. Es bleibt einzig die Realität.
In ihren schwarzen Overalls sind die Figuren wie an die Türöffnungen angenagelte Aufpasser. Denn für Claudia Bosse sind Gefahren wach, sie werden indirekt auftauchen, hinterhältig. Von La malvivante, einer "sozialen Phantasie" rund um einen Elternmord - geschrieben hauptsächlich als Material, das den Schauspielern verschiedene Varianten vorschlägt, die daraus je nach Ablauf bei den Proben ihren Text bauen - bis zum brechtschen Fatzer, haben sich die Experimente unerkannt in Normen verwandelt, sie haben die Kraft des Gesetzes erreicht. Die szenographische Struktur der von der Schülerin des Dramaturgen und Regisseurs Manfred Karge auf die Bühne gebrachten Werke ist übrigens charakteristisch in Ton, Rhythmus, Verschiebung/Linienführung, von Schauspielern geometrisch erzeugt, Nüchternheit, polyphones Fortschreiten des Themas, im Verlangen, das Gewicht der Theatersprache und der Welt zu erweisen - auf aktivere Weise, verantwortungsvoller, durch den Zuseher, der ununterbrochen aufgerufen ist, wenn er möchte, eine Wahl zu treffen, die laufende Handlung zu rahmen und sie auf immer wieder erneuerte Art und Weise selbst zu leben. Hier wird eine einzigartige und rare Kraft geboren. Aber von hier aus kann sich auch ein verwirrendes Gefühl breit machen, fast störend: Ermüdung.
Das Gehirn - Theater
Ist Bosse eine Humanistin oder eine kalte und pragmatische Entomologin, die diese Insekten-Figuren vier Stunden lang durchgehend quält, um sie nach ihrem dramaturgisch streng berechnenden Geschmack zu modellieren? Die beste Antwort liegt in diesem Fatzer, dessen Inszenierung das Stück beschreibt und die Welt - und die wie das Gehirn unausweichlich dem Dysfunktionieren unterworfen ist (aus sowohl externen - Reaktion und Rezeptivität/Aufnahmefähigkeit der Zuseher - und internen Gründen - dem Zustand der Schauspieler). Als eigenartige szenische Utopie ist Fatzer ein Ort der Erarbeitung menschlichen Denkens. Dort geschehen Ereignisse und Texte, aufeinanderfolgend, parallel oder simultan, ein schwindelerregende Labyrinth von Gedanken, geboren aus dem Moment des physisch Erlebten des Textes (ein in grünen Buchstaben auf den Boden geschriebener Text ist da, der "attackiert" werden soll, in dem er die Lektüre desorientierend von unten nach oben und von links nach rechts lenkt). Was geschieht an diesem Ort der szenischen Utopie? Die Gedanken stoßen aneinander, kämpfen, werden überwältigt, und brechen wieder auf. Die Figuren laufen eine gegen die andere auf - scheitern - manchmal setzen sie sich in Formen ein oder in Verflechtungen, Körper an Körper, sie versinken für eine Zeit, dann plötzlich tauchen sie wieder auf, durch andere, die sie entstehen lassen (die Schauspieler breiten sich auf den Kulissen auf oder verschwinden darin). Ein unaufhörliches Schauspiel, Verschiebungen, die geradlinige, in ihrer Weite variierenden Flugbahnen beschreiben; synkopierte Worte - beladen mit cuts und langem Schweigen - die der Zuseher unbeholfen zu organisieren versucht, indem er Willkürliches einbringt, einen Sinn - oft falsch - eine zeitliche Ordnung, ein Wahlprinzip, eine Wertehierarchie.
"In dieser Ruhe der Dekomposition erinnere ich mich dieser langen, konfusen Emotion, die mein Leben war. Dekomponieren ist auch leben", liest man in Becketts Molloy. Dekomposition, Transposition, Note nach Note, die Partitur der eminent musikalischen brechtschen Schrift, ein Flechtwerk aus Durchschüttelungen, Wiederholungen und Kontrapunkten, eine schroffe geometrische Syntax, rhythmisch für Auge und Ohr: eine fordernde Übung, der sich Claudia Bosse mit Streitsucht verschrieben hat. Hat das didaktische Jugendwerk Brechts in diesem Fatzer seine gestische Transposition gefunden, und vielleicht die treueste und zugleich respektloseste und innovativste szenographische Transposition? Man erwartet weitere Eroberungen des brechtschen Stoffes durch diese Regisseurin, die diese erste große Expedition bestätigen, der es gelingt, die Musikalität und die Einschreibung des Textes auf der Oberfläche der Körper-Ideogramme, des industriellen Chor-Kombinats, den Steinbrechern der Worte, mit so einem Glück und einer bislang unvergleichlichen Richtigkeit zu zeigen.
(übersetzung: theatercombinat) |
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Théâtre/Public, N°148-149, juillet, 1999
VERS UN THÉÂTRE COMBINATOIRE
Par Bertrand Tappolet
Fatzer, la mise en fragments
Mauser, La malvivante, Fatzer … Autant de facettes d'un kaléidoscope sans cesse retourné. Depuis Histoires d'amour, montage d'après Samuel Beckett, les „expérimentations“ de Claudia Bosse se déploient dans une langue en fragments où s'entrechoquent des mots qui allient réflexion et récit, des scénographies en déconstruction ouvrant sur une scène pour ce Fatzer qui retrouve quelque chose de la force primitive du matériau brechtien, cops et voix se mettent en jeu dans le plain-pied d'un vaste espace dénudé, offert à toutes les possibilités d'arpentages (coulisses, régie et cintres compris). Travail d'expérience du fragment que le spectateur est amené à suivre et auquel son regard doit contribuer en choisissant ses circulations de représentation en représentationi.
Vaste chantier assemblé par Bertolt Brecht entre 1926 et 1931 en quelque 500 feuillets manuscrits, Fatzer se présente comme une constellation de scènes en variations et en contrastes, d'esquisse de fables, de fragments dialogiques, de longues réflexions dramaturgiques, de schémas, de choeurs. Contrairement à Heiner Müller qui en a réalisé un montage en 1978 pour une mise en scène signée Karge/Langhoff à Hambourg, la metteure en scène berlinoise fait le choix de livrer l'entier du Fragment Fatzer, en respectant ses différentes «couches». Soit une couche A, constituée par les esquisses de fable et le développement des personnages, une couche B, comportant les choeurs, les scènes, les textes dramatiques qui possèdent leur logique propre et ne suivent pas toujours la couche A et, enfin une couche C, les commentaires sur les pratiques sociales et théâtrales. Aux yeux de la metteure en scène, il s'agit de «laisser parler le texte dans sa substance»ii. Portée par un désir de théâtre dans ce qu'il recèle de plus sensoriel et physique. Claudia Bosse délaisse le résultat, le produit fini, pour s'intéresser au processus vivant, au moyen d'inventer un espace d'expériences communes aux spectateurs et acteurs.
Le Fragment-Fatzer recueille toute l'oeuvre de Bertolt Brecht, du moins son utopie. Illustrant la gestation d'une écriture, ce matériau revêt la même valeur pour Claudia Bosse qui y voit une réflexion sur la solidarité: «Est-c une idée générale qui réunit les gens dans un but collectif – à l'exemple d'une révolution – ou seulement une rencontre de besoins individuels qui sont par hasard les mêmes? Cette discussion de l'auteur avec lui-même, à travers son processus d'écriture est l'objet du fragmentiii.» Dans la pratique, cela signifie que tous les comédiens ont appris le texte dans son ensemble, condition indispensable au développement d'une combinatoire où chacun d'entre eux peut à tout moment prendre en charge le récit. Il n'y a pas de rôles, comme il n'y a pas de scène.
Le corps de l'hypertexte
Fatzer marque sans doute la naissance d'une nouvelle forme théâtrale: le théâtre combinatoire, véritable révolution copernicienne dans l'histoire de la représentation au XXème siècleiv. Si ce théâtre combinatoire peut se subsumer par les modes conventionnels de représentations des théâtres antérieurs, fussent-ils de rupture (Brecht, Grotowski, Eisenstein, Craig, Artaud …), il peut être aussi pensé dans le sillage des caractéristiques inédites nées des rapports entre informatique et littérature, qui obligent à redéfinir les modes d'écriture, les modes de lecture et de réalisation du texte. La littérature combinatoire a connu certaines heures de gloire chez les maniéristes allemands, chez Jonathan Swift et tout particulièrement chez les écrivains de l'oulipo (ouvroir de littérature potentielle), tels George Perec et Raymond Queneau. Depuis longtemps déjà, le combinatoire et l'algorithmique ont ainsi modelé les formes de la littérature. Mais les connaissances informatiques de cette fin de siècle ont donné une potentialité nouvelle à ce genre littéraire, notamment en terme d'interactivité. Elles ont permis à certains auteurs de développer des modes d'écriture et de lecture radicalement originaux; l'hypertextev, la littérature processuelle ou interactive, l'animation de textes à l'écran sont autant de genres littéraires que les réseaux et cd-rom se chargent de diffuser.
Le théâtre combinatoire joue également sur l'hypertexte, mais de manière incarnée, physique, et non plus virtuelle en proposant simultanément plusieurs couches de textes à la vue et à l'oreille du spectateur. Le théâtre combinatoire est également processuel et interactif, mais réaffirme la primauté des sens et de la conscience dans un monde contemporain où la virtualité généralisée engendre paradoxalement une certaine amnésie et réellement un abandon du corps, une inertie.
Le théâtre combinatoire s'éclaire également dans ses rimes avec les «mondes virtuels», les «cyberespaces» qui représentent une véritable révolution dans l'histoire des images. La raison essentielle de l'engouement qu'ils suscitent réside en ce que ces systèmes de visualisation procurent l'illusion d'une immersion dans le corps même de l'image. On peut pénétrer dans l'image, s'y mouvoir et interagir de diverses façons avec les êtres synthétiques, les textes, sons et matières rencontrés. Le théâtre combinatoire permet d'entrer dans le corps de l'hypertexte, dans la pièce en cours, de s'y déplacer et interagir de manières diversifiées avec les acteurs, les matières et matériaux. C'est dans la complexité et la richesse de ces rapports entre visible et intelligible, entre perception et conception, que pourra s'élaborer une véritable écriture du théâtre combinatoire. Ainsi, face à Fatzer, création aux rythmes souvent fluctuants, le spectateur est-il amené à adopter la logique souple du promeneur, sensible aux passages entre les constellations dessinées dans l'espace par les comédiens, le travail du choeur et le texte.
Le théâtre combinatoire permet enfin de travailler l'articulation entre théâtre et danse. Au théâtre, la dramaturgie travaille avec des mots qui font sens, qui «signifient». La dramaturgie de danse, elle, travaille avec des mouvements et des sons dont on ne peut que deviner, soupçonner la signification. Les oeuvres de théâtre ont souvent un déroulement linéaire, un caractère narratif. Si les unités narratives ne suivent pas toujours le fil de l'histoire, leur disposition voulue par le metteur en scène concourt à la construction de l'intrigue. La danse recèle une haute qualité d'abstraction; une structure peut véhiculer l'émotion, la signification, mais pas dans la même sens que les mots. LA langue, la narrativité lui échappent souvent. C'est 'a la jointure de ces deux dramaturgies que peut passer le renouvellement du théâtre combinatoire. On citera pour mémoire les terrains déjà arpentés par des chorégraphes novateurs, tels Felix Ruckert et sa création Hautnah, où le sens et les sens de la chorégraphie se construisent dans l'échange danseur-spectateur, Michèle Noiret, qui a développé un système de notation gestuelle issue de son expérience avec le compositeur Karl-Heinz Stockhausen (Les plis de la nuit), et, enfin, José Montalvo réinventant la communauté chorégraphique en faisant du public le matériau premier de son travail (A voir et à danser).
Propositions de jeudi
Opus étendard des prémisses du théâtre combinatoire, Fatzer s'inscrit dans le cadre d'un processus de recherche théâtral. Les caractéristiques de ce travail peuvent être énumérés en quelques propositions:
1. L'objet Fatzer n'est pas supposé connu du public.
2. Seules des données partielles du matériau-pièce Fatzer sont fournies.
3. Le rôle du metteur en scène est de permettre à ces données de se combiner.
4. Chaque représentation de Fatzer propose au public une série différente d'hypothèses sur la réalité, plus qu'une action établie ou un récit constitué. Pourquoi? Pour amener le spectateur à observer les combinaisons ainsi obtenues, afin de prendre position par rapport à ces combinaisons et au contexte qui les fait surgir.
5. Choisissant de travailler ce texte sans identification, celle-ci en réduisant le sens, la communauté du choeurvi - impersonnalité même – est envisagée dans une perspective organiciste: «Chaque comédien doit penser pour tous, précise Claudia Bosse, il doit sentir l'espace, tout le tissu du jeu, à chaque moment.»vii
6. Le spectateur peut prendre part au jeu. Ainsi, Fatzer, ce matériau vivant, en permanente évolution/expérimentation, intègre à chaque représentation les déplacements, suggestions et propositions, venant des acteurs, du metteur en scène et du public.
Fatzer se présente en couches d'écritures simultanées et successives, transposées à même le ventre du Théâtre du Grütli. Les comédiens forment les signes du récit, une calligraphie vivante du matériau brechtien. Ces sombres idéogrammes, faufilés de tissus et de chairs parfois dévoilées, redessinent sans cesse les contours d'une narration vagabonde, souvent à angle de vue et la position du spectateur, libéré de toute entrave. Comme si la provocation fracassante, le radicalisme, l'inquiétante étrangeté ou sa séduction, bref tout ce que charrie un courant expérimental étaient plus que jamais de mise pour défricher les régions prétendument nouvelles en fait en jachère – d'un théâtre work in progress.
Ce que Jean Baudrillard énonce sur le livre, s'applique au théâtre combinatoire qui «doit fonctionner à l'image des ´éclats de l'hologramme. Il doit s'enrouler sur lui-même comme le serpent sur les collines du ciel. Il doit renverser toutes les figures de style.»viii Il ne s'enlise pas dans le singulier, revendique le répétable, sous une forme aléatoire, la variation, et se prolonge en multiples virtualités. Le sociologue français esquisse les contours des innombrables va-et-vient entre l'identique et le différent. Un constat qui garde sa force opératoire pour Fatzer: «Seule passion aujourd'hui: celle de la multiplicité des vies simultanées», écrit Baudrillard qui désire, «contre la simulation d'une histoire linéaire "in progress", privilégier tout ce qui relève de la non-linéarité, […] de la réversibilité qui est celle du palindrome dans le langage»ix. Flux et reflux d'un récit à recomposer à chaque instant, entre mémoire, oubli, mouvement et contention.
La re-présentation
Claudia Bosse pense le théâtre dans la dualité, le pluriel, le social. Comme dans un laboratoire, l'oeuvre est le résultat de croisements. Son sens se façonne dans dans l'échange réciproque entre l'artiste et le spectateur. Mais la communauté utopique réunissant spectateur et comédien n'est jamais établie. Et c'est heureux, puisqu'elle est ainsi beaucoup plus vivante, car instable, contradictoire et ludique. A travers le «nous», on cherche une version de l'autre et de soi-même, un pas commun, un souffle partagé.
Tout texte in-ouï s'ouvre sur des expérimentations. Ce qui signifie s'exposer au risque en le tentant, saccager les conventions, concasser les sensibilités, créer l'inattendu sens craindre de l'incurver dans l'utopie et les crissements du réel. Fatzer est un voyage de soi à soi en passant par les autres, les personnages-idéogrammes, le public et le lieu. Dans Fatzer, le fragment b 36, qui manifeste l'acceptation du caractère fragmentaire de la pièce par Brecht, accueille le tout-venant en giclant un lettrage noir sur fond vert acidulé: «Tout le pièce, parce qu'impossible / simplement à fracasser pour une expérimentation / sans réalité / pour la compréhension de soi-même.»
Faire du théâtre, pour Claudia Bosse, c'est pouvoir voir quelque chose qui n'existe pas ou pas encore. «Demain me paralyse et cet aujourd'hui qui ne m'oblige en rien!», dit Fatzer. C'est cette double inertie que la metteure en scène combat jusqu'à l'intime vécu de chaque spectateur. Le théâtre est alors un lieu de signes multiples où quelqu'un s'arrête pour voir et pour supposer un réel à inventer, un texte à (re)composer. Avec Fatzer, le théâtre est une visite possible de soi-même et du social. Fatzer contient deux choses qu'il ne faut disjoindre: la mémoire et l'oubli. La mémoire se doit à l'oubli et l'oubli à la mémoire. Il nous enjoint de ne pas nous statufier – le spectateur se promène avec le texte et voyage activement à l'intérieur de celui-ci – ni d'être les esclaves de la fiction. «La qualité du fragment, c'est précisément de laisser vacante entre les blocs bruts, la place du spectateur.»x En ce sens, Fatzer est passionnant pour le théâtre et pour les questions posées et résolues par le processus de création, car il rappelle qu'il est une forme, visible, réelle – jamais une parole n'a été aussi mise à nu qu'ici – mais dont le coeur est le «vif», la mobilité, le mouvement qui passe de l'un à l'autre, un acte qui devient presque un compagnon.
Pour Claudia Bosse, il s'agit alors de travailler l'inachèvement de l'oeuvre. En l'organisant, elle laisse peut-être u vide, un lieu offert à l'autre. L'autre, le spectateur, au fond, devient un socle pour le texte travaillé en commun; il vit, il est là, il fait vivre. A travers le théâtre, il est donc possible de faire quelque chose avec les habitants au sein de l'histoire et de l'imaginaire d'une ville. Si le théâtre épique est un laboratoire, la fin de la représentation marquait sa complète disparition. Le lieu est «brûlé», à l'instar du texte. Le théâtre lui-même s'est effacée. Seule demeure la réalité.
Enveloppés dans leurs combinaisons noires, les personnages sont comme des guetteurs fichés à l'embrasure d'une coulisse. Car, pour Claudia Bosse, les dangers veillent et vont obliquement surgir. Depuis La malvivante, «fantaisie sociale» autour du parricide – écrite notamment en matériaux, proposant plusieurs variantes aux comédiens qui y tirent leur texte en fonction du parcours décidé lors des répétitions -, jusqu'à ce brechtien Fatzer, les nouvelles expériences se sont subrepticement transformées en normes, ont acquis force de loi. La gémellité scénographique des oeuvres portées à la scène par cette élève du dramaturge et metteur en scène Manfred Karge est d'ailleurs caractéristique. Même ton, même rythme, même déplacement/tracé géométriquement ressassé des comédiens, même sobriété, même progression polyphonique du propos, même désir de faire éprouver le poids de la parole théâtrale et celui du monde, de manière plus active, plus responsable, par le spectateur, sans cesse appelé, s'il le veut bien, à effectuer des choix, à cadrer l'action en cours et à la vivre de façon toujours renouvelée. De là naît une force unique et rare. Mais de là peut aussi poindre un sentiment rapidement troublant, voire dérangeant: la lassitude.
Le théâtre-cerveau
Bosse est-elle une humaniste ou une entomologiste froide et pragmatique torturant ces personnages-insectes quatre heures d'affilée, pour les modeler selon son goût dramaturgique rigoureusement calculé? La meilleure réponse est dans ce Fatzer, dont la mise en scène décrit la pièce et, partant, le monde, comme un cerveau, inévitablement sujet à des dysfonctionnements (pour des raisons à la fois externes – la réaction et la réceptivité des spectateurs – et interne – l'état des acteurs). Etrange utopie scénique, Fatzer est ce lieu d'élaboration de la pensées né de l'instantané et du vécu physique du texte (texte inscrit en caractères jaunes à aborder en désorientant sa lecture de bas en haut et de gauche à droite) s'y déroulent. Que se passe-t-il en ce lieu d'utopie scénique? Des pensées s'y affrontent, luttent, succombent et repartent (les personnages échouent l'un contre l'autre, parfois s'encastrent dans des portés ou des enchevêtrements, des corps à corps), s'y ensevelissent, pour un temps, et, soudain, réapparaissent à travers d'autres qu'elles suscitent (des comédiens s'étendent ou disparaissent en coulisses). Spectacle incessant, déplacements décrivant des trajectoires rectilignes variant dans leur amplitude; paroles syncopées – lestées de cuts et de longues plages silencieuses – que le spectateur essaye maladroitement d'organiser, y introduisant l'arbitraire, un sens – souvent pris en défaut - , un ordre temporel, un principe de choix, une hiérarchie des valeurs.
«C'est dans la tranquillité de la décomposition que je me rappelle cette longue émotion confuse que fut ma vie … Décomposer c'est vivre aussi», lit-on dans Molloy de Samuel Beckett. Décomposer, transposer, note après note, la partition de l'écriture brechtienne éminemment musicale, entrelacs de ressassements, répétitions et contrepoints, syntaxe raide géométriquement rythmée à l'oeil et à l'oreille: un exercice exigeant auquel s'est attaché Claudia Bosse, avec pugnacité.
L'oeuvre didactique et de jeunesse de Brecht aurait-elle trouvé en Fatzer sa transposition gestuelle, et scénographique peut-être , la plus fidèle, la plus irrévérencieuse et la plus novatrice – excusez du peu! - tout à la fois? On attend d'autres explorations menées par la metteure en scène en terre brechtienne pour confirmer cette première grande expédition qui réussit à faire entendre la musicalité et le dessein du texte à fleur de corps-idéogramme et de choeur-combinat industriel, concasseur de mots, avec un bonheur et une justesse à ce jour inégalés.
- Fatzer, Bertolt Brecht, Théâtre du Grütli (Genève, Suisse), 2-21 juin 1998. Traduction François Rey (en collaboration avec Sylviane Dupuis, Claudia Bosse et Maya Bösch). Mise en scène Claudia Bosse, mise en espace et costumes Josef Szeiler, lumières Jean-Michel Broillet, avec Pascal Francfort, Sandra Heyn, Mathieu Loth, Anne Marchand, Heike Müller, Renaud Serraz, Fabienne Schnorf et Camille Giacobino.
- Bertrand Tappolet. Licencié ès Lettres en histoire contemporaine. Animateur radio spécialisé dans les arts vivants de la scène (théâtre et danse). Collaborateur de Scènes Magazine. A pris, entre-temps, les fonctions d'attaché de presse du Théâtre du Grütli.
iFatzer de Bertolt Brecht, créé en français au Théâtre du Grütli (Genève) en juin 1998 par Claudia Bosse comprend les trois étapes initiales de travail: 1 (écrit du 26 août 1926 jusqu'à l'été 1927), 2 (septembre 1927), 3 (fin 1927 – mai 1928). Pour la première fois est présenté un travail qui suit l'ordre chronologique de Brecht au lieu de proposer un montage dramatique des fragments.
Le matériau du Fragment Fatzer de Bertolt Brecht est basé sur l'édition intégrale et critique parue chez «Aufbau-Verlag Berlin und Weimar/Suhrkamp Verlag Frankfurt am Main, Bertolt Brecht Stücke 10» en juin 1997. Les recherches réalisées dans les feuillets manuscrits aux archives de Brecht à Berlin et l'apport de l'édition critique de Rainer Lenze (travail de maîtrise, Münster, 1986) ont amené Claudia Bosse et ses collaborateurs à retravailler l'édition du texte quant à la ponctuation et la versification.
François Rey, en collaboration avec Sylviane Dupuis, Claudia Bosse et Maya Bösch, a réalisé la traduction inédite à ce jour du fragment entier. Depuis sa création, le fragment Fatzer n'a été publié qu'en partie. Seul le montage de Heiner Müller a été publié en traduction française par François Rey.
Mauser, de Heiner Müller, Berlin, juin 1997, et Festival de Verbier, juillet 1997, La malvivante de Sylviane Dupuis, Théâtre du Grütli, Genève, juin 1996, Histoires d'amour d'après Samuel Beckett, Grütli, 1995.
iiCf. «Entretien avec Claudia Bosse» in: Fatzer, Bertolt Brecht, sl, mai 1998, p. 7. D'une très grande fidélité au dessein brechtien, à sa quête d'un théâtre utopique dans les années trente, Claudia Bosse, à l'instar de Heiner Müller, fait «du fragment non plus un accident mais un objectif. Les caractéristiques du fragment, traditionnellement ressenties comme négatives – absence d'idée fondamentale, structure en grands blocs bruts, en tableaux isolés sans lien logique, et une langue ni classique ni littéraire – demeurèrent dans l'esprit de Brecht le but à atteindre». Cf. Francine Meier-Schaeffer, Heiner Müller et le «Lehrstück», Berne, Francfort-sur-Main, P. Lang, 1992, p. 41.
iii«Entretien avec Claudia Bosse», propos recueillis par Manon Pulver, in Fatzer, Bertolt Brecht, sl, mai 1998, p. 6.
ivPour Claudia Bosse, «la recherche théâtrale à l'aide du fragment Fatzer explore des structures de communication qui remettent en question l'ensemble des formes du théâtre, de l'espace, du jeu, du metteur en scène et du spectateur tels qu'ils se conçoivent». Les prolégomènes en sont succinctement présentés dans Fatzer Fragment. Bertolt Brecht. Wer ist der Chor?, sl., juillet 1998, pp. 4 - 12
vEnsemble de données textuelles numérisées sur un support électronique, l'hypertexte est une structure en réseau qui permet au lecteur, en réponse à ses demandes, de former progressivement à l'écran un agrégat éphémère d'éléments textuels. Structurant des unités de sens, l'hypertexte est une collection de fragments textuels, qui ouvre à une nouvelle organisation d'écriture langagière, graphique et sonore, basée sur un nouveau rapport entre pensée et espace.
viAu point de rencontre entre la fable – des soldats, sous la conduite de Fatzer, désertent le théâtre de la Grande Guerre, vont se cacher chez l'un d'entre eux, pour attendre la révolution et finissent par s'entre-détruire – et le travail du comédien, Claudia Bosse précise que «ces hommes restent ensemble sous la pression de la nécessité. Cette même nécessité de besoins individuels va faire voler en éclat cette solidarité. Cela se retranscrit dans le travail du comédien. Il y a un tiraillement entre contraction et relâchement.»
vii«Entretien avec Claudia Bosse» in: La malvivante, dossier, mai 1996, p. 5.
viiiJean Baudrillard, Cool Memoires, Paris, Ed. Galilée, 1990, p. 30.
xFrancine Meier-Schaeffer, op.cit., p. 134.
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BERTOLT BRECHT L’IRREDUCTIBLE
par Lorenzo Malaguerra
„C’est une voie, celle dans laquelle nous nous sommes engagés“
Voir un spectacle de Brecht aujourd’hui, c’est souvent jouir d’un confort particulier: la fable théâtrale prend le spectateur par la main et l’accompagne dans les circonvolutions de la dialectique sociale avec douceur et facilité. Sur scène, un être humain est écrasé, dans la salle le public se divertit avant de passer à table. Bertolt Brecht fait enfin partie du répertoire sans danger des auteurs à portée universelle. Après quelques verres au foyer du théâtre ou à la fin du repas qui suit la représentation, on rit de bon cœur à l’idée que, tout comme le communisme, Brecht est soluble dans l’alcool. "Fatzer" n’appartient pas à ce plaisir-là. Car il existe de par le monde un noyau d’irréductibles explorateurs du dramaturge. (…) Pire, ils prétendent avec lui que le théâtre ne passe pas forcément par la compréhension immédiate. Ils bousculent les conventions, cassent les attentes d’un public habitué et s’interrogent sur la capacité du théâtre à changer le théâtre. "Fatzer" fait partie de cette volonté-là. Ces nouveaux lecteurs de Brecht n’ont pas été pétris par une tradition idéologique qui, sous prétexte d’être celle défendue par l’auteur, n’a que faire des situations sociales présentes. Ils pensent au contraire que la force de Bertolt Brecht gît dans la rigueur de son écriture, pas dans ses vertus apéritives. "Fatzer" émerge de cette lecture-là. |
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L'EXPERIENCE DU FRAGMENT
„Fatzer“ au Théâtre du Grütli
Par Yvan Rihs
Associatongenèveberlin et Theatercombinat présentent au Grütli, en création suisse, le fragment „Fatzer“ de Bertolt Brecht. Pour ces 100 ans, le dramaturge est ici bien fêté.
Dans un espace entièrement ouvert, qui s'offre à toutes les possibilités de circulation, Claudia bosse, issue de l'école Manfred Karge, observe et dirige, soir après soir, les voix et les gestes du fragment „Fatzer“, chantier volumineux assemblé par Brecht entre 1926 et 1931 en quelque 500 feuillets manuscrits. Pour cette première création en français (Heiner Müller en avait fait un montage en 1978 pour une mise en scène Karge/Langhoff à Hambourg), l'équipe s'est attelée à un gigantesque travail de recherche et de traduction, travail en gestation que le spectateur est littéralement amené à suivre et auquel son regard doit contribuer de représentation en représentation.
„Un produit fini, c'est comme un homme fini, c'est un homme mort“, dira Gatti, bientôt en visite à Genève Une assertion qui pourrait légitiment appartenir aux instigateurs de ce „pedagogium“, où le visiteur se met consciencieusement en quête des indices jamais achevés du document „Fatzer“ pour la constitution hypothétique d'une fable qui ne s'éteint en points de suspension qu'au moment où celui-ci le décide (ce qui peut prendre entre trois et sept heures).
Expérience individuelle ou collective?
Quatre soldats, sous l'égide de Fatzer, quittent les tranchées et vont cacher leur désertion pour attendre après la révolution. „Nous devons être ensemble“, déclarent-ils, mais les exigences de la survie (la faim, le désir, l'instinct de propriété) les divisent bientôt, tendant á imposer „la ruine des conceptions par la réalité des choses“. En résulte ce front nouveau, conflit entre perspectives collectives et liberté individuelle. Les récitants révèlent, étape de travail par étape de travail, les „rochers“ de la contention, prononçant par toutes sortes de rituels, souvent remarquablement inspirés, les images de ce combat dialectique et parcellaire. Tantôt dispersé dans l'espaces du théâtre, tantôt réuni afin de coordonner les mouvements composites du récit, le choeur, ce FATZER collectif mais discontinu, se répond, s'interrompt, silence, explose.
Et le spectateur, à la rencontre de ces interactions, est avant tout confronté avec sa propre identité. Il essaie de concilier a faire le deuil de son statut de „public“, de choisir son propre parcours, de jauger sa liberté. Est-il acteur? Est-il témoin? Est-il juge? Le commentaire: „Je ne fais que mener l'enquête et c'est sur ma méthode d'enquête que le spectateur a pu enquêter.“ Enquête en progrès á suivre – ou à mener cette semaine encore.
„Fatzer“, Théatre du Grütli, jusqu'au 21 juin (me-sa 20 heures, ma 19 heures, ve 23 heures, di 18 heures), rés. (022) 328 98 78.
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