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VzV,vK! / REENACTING THE ARCHIVE – part 2
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REENACTING THE ARCHIVE ist eine mehrteiliges projekt, in dem claudia bosse im rahmen einer 3-jährigen residenz beim FFT düsseldorf unterschiedliche propagierte weltsichten und grammatiken von austellungsdisplays untersucht und anhand bestimmter zeitschnitte (1902, 1926, 1937) diese historischen ansätze von ausstellungskonzeptionen, -objekten und -architekturen vergleicht. ausstellungen werden hier verstanden als anordnungen für kulturelle projektionen, volksbildung und propaganda. aus den recherchierten dokumenten und displays der austellungen sollen performative versuchsanordnungen sichtbarkeiten in städtischen raum düsseldorfs erzeugen. die ausgewählten orte in düsseldorf sind hybride oder kulturelle assemblagen oder historische orte der schaustellungen. es geht um eine anrufung kultureller identitäten, eingeschrieben in spuren der stadt.
REENACTING THE ARCHIVE – part 1 begibt sich anhand der düsseldorf industrie- und gewerbeaustellung 1902 auf die spuren historischer repräsentationsformen des "fremden" in deutschland. wie ragt die konstruktion von territorien und die (geschichtliche) repräsentation und konstruktion "des fremden" bis in unsere gegenwart hinein?
part 1 ist die erste veröffentlichung von REENACTING THE ARCHIVE, in welcher archivmaterial ausgehend vom düsseldorfer stadtarchiv in einer prozession über verschiedene stationen durch den öffentlichen raum des bahnhofsviertels düsseldorf zurück in den heutigen stadtraum getragen und mit einem narrativ der recherchen verknüpft wird. eine mobile installation, begleitet von sound- und lectureelementen, von fakten und fiktionen und von reenactments einzelner photografien zusammen mit düsseldorfer bürger_innen als überschreibungen des heutigen städtischen ensembles. die getragenen objekte öffnen bezüge zwischen der geschichte und der gegenwart. zurückgelassen an 3 orten überlagern die archivfotografien den öffentlichen raum für eine bestimmte zeit.
über mehrere wochen forschte claudia bosse gemeinsam mit günther auer im stadtarchiv düsseldorf zur düsseldorfer industrie- und gewerbeausstellung 1902, welche zum ersten mal „fremde kulturen“ als teil von ausstellungsdisplays in der stadt präsentierte. neben industriegütern, kunst, kriegsmaschinen, betonfabriken sowie kunstgewerbliche fertigkeiten gab es einen eigenen kolonialen ausstellungskomplex mit einem nubischen und einem arabischen dorf (auch "cairo straße", "orient straße" oder "kairo" genannt) auf einem areal nahe des rheins. wie in weltausstellungen und völkerschauen zu dieser zeit mode, lebten 100 araber und 30 nubier vom 1. mai bis 20. oktober 1902 als kleine dorf- oder familiengemeinschaften in ihren "originalen lebensbedingungen" und performten täglich von 10 – 24h ihren "alltag". postkarten zeigen einige von ihnen in einer marktszene, andere in einer arabische schule vor orientteppichen gesäumt von schaulustigen oder in einer frontalaufstellung des „nubischens dorfes". besucher_innen konnten durch "die orientalische lebenswelt" wandeln und gebräuche, gebaren, farben und sprachen studieren. eine künstliche szenerie mitten in der stadt, ein betretbares display, das über ein tor düsseldorf von „kairo“ scheidet. ein immersives setting für kulturelle grenzerfahrungen am rhein.
was bedeutet die inszenierung eines arabischen stadtteils in der temporären architektur einer großen industrieaustellung? bestätigt die erfahrung einer temporären fremdheit im eigenen umfeld, die richtigkeit der koordinaten der eigenen kultur und der bekannten alltagsrituale? erzeugt die beobachtung eine gelebte infragestellung der zu dieser zeit im kolonialen deutschland inkorporierten überzeugungen?
REENACTING THE ARCHIVE ist eine auftragsarbeit für das FFT düsseldorf, die bis 2019 weiterentwickelt wird.
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